15.09.13

Um es vorweg zu nehmen, es gab ein Kommunikationsproblem, kein organisatorisches, denn die gesamte Strecke heute muss mit 6-8 Stunden Fahrzeit veranschlagt werden, nicht die einfache. Pünktlich um 8Uhr fahren wir los, halten beim Checkpoint und kaufen Tickets für die Everest-Region, natürlich nicht ohne das Tibet permit, das bereits erworbene Alien travel permit und die Pässe vorzuzeigen. Kurze Zeit später biegen wir auf die Piste zum Base Camp ein, bleiben allerdings am ersten Kontrollposten hängen, da neuerdings auch die Führer ein Ticket brauchen. Also zurück zum Checkpoint und wieder auf die Piste, dieses Mal dürfen wir fahren. Der Aufstieg zum 5210m hohen Pass Pang La ist schon beeindruckend und wir sind froh nicht bei Dunkelheit gefahren zu sein, denn dann hätten wir diese atemberaubende Landschaft, die uns an das Hoggar-Gebirge in Algerien erinnert, nicht sehen können. Auf dem Pass stockt uns der Atem, bei klarer Sicht und fast wolkenfreiem Himmel liegen sie vor uns: Everest, Lhotse und Makalu! Der Anblick ist sensationell und wir können nicht genug bekommen, machen eine Fotoserie nach der anderen. Die höchsten Berge der Welt - zum Greifen nah!

Wir fahren die Piste weiter Richtung Everest Base Camp, der Weg ist sehr mittelprächtig, teilweise übles Wellblech, dann wieder spitze Steine, dann kindskopfgroße Flusskiesel. Selbst hier quälen sich viele Radfahrer hinauf, es handelt sich wohlgemerkt um eine Sackgasse, nicht um den Weg nach Kathmandu, den viele nehmen. Spaß kann das eigentlich nicht machen. Unterwegs sehen wir sehr arme Dörfer, Menschen zu Pferd und mit Pferdewagen. Sie haben nichts vom Rummel am Everest, alle fahren vorbei, es gibt auch keinen Grund anzuhalten.

Am Kloster Rongbuk, einem der am höchsten gelegenen der Welt, essen wir zu Mittag (inklusive einem ziemlich nach Zoo schmeckenden Buttertee) und fahren dann bis zum Ende des Weges zu einem kleinen Zeltlager, in dem man übernachten und sich verpflegen kann. Ab hier fährt ein Bus die letzten 5km zum Base Camp, da es sich mitlwerweilen bewölkt hat verzichten wir darauf und drehen um, "unseren" Blick auf die majestätischen Berge haben wir ja bereits genossen.

Kurz nach dem Kloster Rongbuk kommt uns eine Gruppe europäischer Touristen auf einheitlichen Royal Enfield Bullets entgegen, auch das gibt es also schon zu buchen. Warum man allerdings mit den Bulletten, die für schlechte offroad-Pisten wie diese nun wirklich nicht geeignet sind, durch Tibet fahren muss, bleibt ein Rätsel, immerhin beträgt die einfache Distanz zum Base Camp über 100km. Das der Spaß möglicherweise zu kurz kommt meine ich auch in dem einen oder anderen Gesicht der Fahrer zu erkennen. Die Hauptstraßen der Region sind allerdings gut ausgebaut und laden zum Mopped  fahren wirklich ein, wären da nicht die heftigen Wetterwechsel mit eisigen Winden und glühender Sonne.

Wir biegen kurze Zeit später auf die "Nebenpiste" nach Nordwesten ab, Ziel Old Tingri. Die Piste ist wirklich schlecht und kann mit den ausgewaschensten Abschnitten in Algerien vor 11 Jahren locker mithalten. Unser 15 Jahre alter Landcruiser schlägt sich mit Bravour, etwa 20km vor Tingri beklagen wir allerdings einen Kupplungsschaden, der vor Ort nicht zu beheben ist. Also die bekannte Mike-Taktik: Ich fahre alles im zweiten Gang (siehe Garhwal-Tour 2010). So humpeln und holpern wir die letzten Kilometer nach Tingri und beziehen unsere zweckmäßigen Zimmer im Snow Leopard Guest House auf 4250m Höhe. Duschen muss auch heute ausfallen, frisches Gletscherwasser aus dem Hahn ist ja schön und gut, aber...

Ratri und ich kaufen in der kleinen Stadt das Nötigste ein (Wasser und Klopapier), Geli und Mike ruhen sich etwas aus, Sonam und Lapa lassen irgendwie das Auto reparieren und sind wie wir um 19Uhr zum Essen zurück. Alle sind irgendwie froh das Geholper hinter sich zu haben und wir trinken ein schönes Lhasa-Bier, den höchsten Teil der Strecke haben wir hinter uns und niemand hat höhenbedingt Probleme bekommen.

Morgen steht ein langer Fahrtag zurück nach Osten auf dem Programm und um 5:20Uhr klingelt der Wecker.


- zurück zur Kolkata-China-Tibet blog Startseite -