13.09.13

Heute habe ich eigentlich keine Lust zum Schreiben, da ich mir eine fette Erkältung eingefangen habe, ganz toll auf fast 4000m. Aber was soll's...

Gestern Abend waren wir in Lhasa noch im Tibetan Steak House, konnten aber Verlockungen wie Yak-Burger, Yak-Pizza oder Schwarzwälder Kirsch Torte widerstehen. Stattdessen gab es Käse-Momos, Yak-Zungen-Salat (kein Witz), etwas strenge Lammrippchen und Spinat. Dazu hatten wir unser erstes "Tsang" oder "Chang" (je nach Lautschrift), vergorener Gerstentrunk, eine wirklich alte tibetische Spezialität, die jetzt etwas veredelt "barley wine" genannt wird.

Heute ging es dann nach Shigatse, Tibets zweitgrößte Stadt mit etwa 500000 Einwohnern. Die Route führte uns über größtenteils sehr gut ausgebaute Straßen durch das Tal des Brahmaputra, der in Tibet Yarlung Tsangpo heißt. Entlang der Straße führt auch die Bahntrasse, die die "Himmelsbahn" eventuell schon kommendes Jahr bis Shigatse verlängern soll, ein unglaubliches Glanzstück der Ingenieurkunst mit unzähligen Brücken, Tunneln und aufgeschütteten Dämmen. Indien und China werden oft in einem Atemzug genannt. In New Delhi wurde 2010 zu den Commonwealth Games eine neue U-Bahn zum Flughafen eröffnet und dieses Jahr wegen Baufälligkeit der Tunnel wieder geschlossen. Wer das Bauprojekt der "Himmelsbahn" mit eigenen Augen gesehen hat weiß, was China zu leisten im Stande ist.

Wir sehen viele Wiederaufforstungen an den steilen Hängen, der jahrzehntelange Raubbau hat seine Spuren hinterlassen und Schlamm- und Gerölllawinen sind sicherlich die ernsteste Bedrohung für die neue Bahnstrecke. Teilweise verfärben sich die Bäume bereits und wir können uns am Panorama aus Bergen, Fluss und kleinen Bäumen nicht satt sehen.

Am Anfang der Strecke haben wir einen "Laufzettel" bekommen, den wir unterwegs drei Mal abstempeln lassen müssen. Aus der Uhrzeit wird die Durchschnittsgeschwindigkeit berechnet und wer zu schnell war, zahlt. Also stehen die "Raser", wir natürlich auch, in Sichtweite des Kontrollpostens auf einem Parkplatz und es heißt "20 minutes break". Der Fahrer prüft akkurat die Uhrzeit mit dem Handy, ist alles regelgerecht geht es weiter und wir holen den Stempel ab. Zum Mittagessen heißt es "es gäbe nichts an der Strecke", obwohl wir ständig kleine Lokale sehen. Als wir anfangen unsere Notreserven (letzte Brötchen aus dem Zug, die sich auf magische Weise nicht verändert haben) zu verputzen sieht Sonam den Ernst der Lage und fängt doch an zu suchen. Als wir halten wird uns klar was los ist, fast alle Lokale werden von Chinesen betrieben, er sucht etwas tibetisches, was uns natürlich recht ist. Buttertee und Yak-Kartoffel-Suppe schmecken herrlich!

Gegen 14:30Uhr kommen wir in Shigatse an, einer weitestgehend neu errichteten, "chinesischen" Stadt mit breiten Straßen, einheitlichen Gebäuden und ohne Charm. Unser Hotel "Manasarovar" macht auf schick, war es vielleicht auch mal, unser Zimmer hat aber schon bessere Zeiten gesehen und der Preis, den wir an der noblen Rezeption sehen, ist ein Witz. Die Badezimmerinstallation leckt, heißes Wasser Fehlanzeige, dafür gibt es 24h Massage und Kondome auf dem Nachttisch. Das Bad ist mit Glas vom Schlafraum getrennt und man(n) kann vom Bett aus beim Duschen zusehen. Da das wohl wenige Gäste getan haben ist der Stoffvorhang, der in (!) der Dusche hängt um ebendies zu verhindern, reichlich verschimmelt. Möglicherweise gefallen diese Ausstattungsmerkmale den vielen Inlandstouristen mehr als uns, diese gibt es nämlich zu Hunderten Busladungen, wie wir später bei der Klosterbesichtigung feststellen. Pluspunkte sammelt das Zimmer durch saubere Betten und rauchfreies Ambiente. Nur um das klarzustellen: Ich erwarte in Tibet keinen mitteleuropäischen Standard aber hier passt einfach Anspruch und Wirklichkeit bzw. das Preis-Leistungs-Verhältnis in keinster Weise.

Zurück zu den schönen Dingen des Lebens, Besichtigung des Klosters Tashilunpo, dem traditionellen Sitz des Panchen Lama. Zunächst fahren wir noch zur Polizei und Sonam besorgt für uns die sogenannten "Alien travel permits", damit wir zum Everest weiterreisen dürfen. Nachdem wir dann am Kloster im Eingangsbereich ein Gewitter ausgesessen haben erlaufen wir uns das großräumige, wunderschöne Gelände und besichtigen drei der vielen Tempel. Im ersten sehen wir eine gigantische Buddha-Statue, 26m hoch ohne den 4m messenden Thron, absolut beeindruckend. Im dritten waren die Mönche gerade dabei zu singen, was eine fantastische Atmosphäre ergab - ein ganz besonderes Erlebnis. Auch dieses Kloster wurde übrigens während der Kulturrevolution stark beschädigt und seit den 80er Jahren mit erheblichen Mitteln wieder aufgebaut.

Zum Abendessen sind wir heute mit unseren Begleitern gegangen, die natürlich unsere Gäste waren. Sonam führte uns in ein tibetisches Restaurant und wir bestellten den traditionellen, tibetischen "hot pot", ein Brühenfondue mit viel Gemüse, unterschiedlichem Fleisch und Nudeln, dass unsere beiden allerdings noch nie gegessen hatten. Allen schmeckt es hervorragend und satt fuhren wir durch den Regen zurück zum Hotel.

Und nun freue ich mich auf eine hoffentlich erholsame Nacht, die Höhe macht uns (außer bei körperlicher Anstrengung) nichts mehr aus, also Licht aus und Augen zu...


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