04.09.13
Gestern Abend waren wir mit Susanta in einer Bar am
New Market und, nachdem er uns verlassen hat, in einem chinesischen
Restaurant, das wir ebenfalls schon kannten, essen.
Heute ist es nochmal heißer als die letzten Tage, da es nicht
bedeckt
ist. Der Wetterbericht in der Zeitung sagt 34°C und 97% relative
Luftfeuchtigkeit - auch die Einheimischen klagen. Das bringt ein völlig neues Problem mit sich, das
Wasser ist zu
heiß. Da die Tanks auf dem Dach stehen kommt das "kalte" Wasser stark
erhitzt aus dem Hahn, nur das "warme" Wasser, das im ausgeschalteten
Boiler im
Zimmer lagert, hat eine angenehme Temperatur. Leider betrifft das
Problem des
"heißen kalten Wasser" auch den Schlauch an der Toilette, mit dem
man/frau sich nach dem "Geschäft" reinigt und dabei fast den
Allerwertesten
verbrüht. Schon erstaunlich.
Nach dem Frühstück sind wir tapfer die Esplanade nach Norden
gelaufen um Misti bei K.C. Das, einem uns empfohlenen Laden, zu
kaufen. Schließlich waren wir abends bei Piku und Susanta
eingeladen und die wohnen zusammen mit einer großen Zahl
Verwandter bei ihren Eltern in Hoara. Den Hausherren etwas mizubringen
gehört zum guten Ton, den Gastgebern natürlich auch, also haben wir
noch eine Flasche argentinischen Wein gekauft.
Nach diesen Besorgungen mussten wir angesichts der Mittagszeit rasten, ruhen und abkühlen, d.h. unter dem Ventilator schlummern.
Gegen drei saßen wir dann in der Lobby des Fairlawn und wurden Zeuge
eines Foto- oder Filmshootings im ersten Stock, zu dem zahlreiche coole
Vollprofis mit viel Technik und ebensoviele für indische Verhältnisse
leicht bekleidete Sternchen in untragbaren Schuhen erschienen waren.
Mitten in das Geschehen platzte Violets in England lebende Tochter, die
gerade mal wieder im Hotel nach dem Rechten sieht. Sie war
offensichtlich "not amused" ob der vielen "groupies" und zitierte den
armen Consierge zum Rapport. Da weht ein anderer Wind, hoffentlich
bleibt uns die 93jährige Grand Dame Violet noch lange erhalten.
Gegen vier hat uns Susanta abgeholt und zunächst das Bürogebäude
gezeigt, in dem Ratris Tante und Onkel (Susantas Vater) und dann auch
er gearbeitet haben, bevor er befördert und nach Hoara versetzt wurde.
Danach ging es mit dem Bus zum Fähranleger und mit dem Boot über den
Hughli nach Hoara, eine schöne Überfahrt und willkommene Abkühlung
durch den Fahrtwind. Vom Anleger sind wir dann mit Fahrradrickshaws
gefahren, wobei sich unser armer Fahrer mit seinen zwei fetten
Europäern ganz schön quälen musste. Witzig aber sein Gesicht, als er
die Rupie-Zeichen in den Augen an Susanta vorbei auf uns zustürzte und
dann realisieren musste, dass wir in Begleitung eines Einheimischen
unterwegs sind.
Im Haus von Mousumis (Pikus) Eltern leben 18 Personen in zahlreichen
Räumen, einen bewohnen sie, Susanta und Deba. Wir wurden natürlich
herzlich empfangen und von vielen beschnuppert und begrüßt. Besonders
ihre Mutter und ihr Onkel waren scheinbar sehr glücklich über den
"hohen Besuch", der das Haus ehrt und die Nachbarn neugierig und
neidisch macht. Der Abend war sehr kurzweilig, da wir uns mit Pikus
Cousine Riku und Susanta auf Englisch unterhalten können. Auch Piku
versteht sehr gut Englisch, hält sich aber mit dem Sprechen zurück. Mit
Deba und seinem Cousin haben wir noch etliche Brettspiele gespielt,
darunter ubiquitäre Klassiker wie "ladders and snakes" und "Mensch
ärgere Dich nicht".
Pikus vielzitierte Kochkünste bildeten dann den Höhepunkt und Abschluss
des Abends: Dal, Reis, frittierter Fisch und Krabben in Senfsauce als
erster Gang, herrlich fester Match (Fisch) mit Polau (pikant-süßer Reis)
als Hauptspeise und misti doi (süßer Joghurt) als Dessert - echte
bengalische Küche für festliche Anlässe zuhause!
Deba und Susanta haben uns dann noch mit einem Taxi "nach Hause" ins
trockengelegte, ruhige Fairlawn gebracht, wo uns ein Royal Challange
(Whiskey) und ein Kingfisher (on the room, you know) den Abend
ausklingen ließen. Stichwort Kingfisher, kleine Exkursion in die
indische Gesellschaft anno 2013. Wir hatten uns gestern schon auf die
Marke des Bieres geeinigt, das wir zum Essen trinken wollten. Piku
hielt es dann aber doch für unangebracht Alkohol zu trinken, falls ein
Angehöriger der älteren Generation in den Raum kommt, es gehört sich
nämlich ganz und gar nicht vor Älteren zu rauchen oder zu trinken. Da
fühlt man sich als Deutscher doch gleich mal fast drei Jahrzehnte
jünger...