Eintrag vom 02.03.11
Die
Elefantentage von Ayutthaya haben ihre Spuren hinterlassen, irgendwie
habe ich einen leichten Dachschaden erlitten. In den letzten Nächten
bin ich orientierungslos aufgewacht und habe einen Elefanten gesehen,
in einem Möbelstück zum Beispiel. Diese Nacht dachte ich ernsthaft
neben mir liegt ein Babyelefant und erst als ich meine Hand
ausgestreckt habe stellte ich fest, dass es Ratri ist. Zum Glück haben
wir beide etwas abbekommen denn sie fühlte sich geehrt. Ich bleibe
trotzdem dabei, Tiere im Allgemeinen und Elefanten im Besonderen sind
gut für die Seele!
Heute stand dann unsere City-Tour mit Sumits Vater an, um 9 Uhr ging es
los. Santimoy ist, man ahnt es schon wenn man Sumit kennt, ebenfalls
ein ungemein symphatischer, gebildeter und angenehmer Tourguide, der
uns auf exorbitant kompetente Art und Weise durch Kolkata geführt hat.
In seiner Eigenschaft als ehemaliger Professor für Geschichte stand
natürlich vor allem die Historie auf dem Programm. Als erstes besuchten
wir den Kalighat-Tempel,
allerdings nur von außen. Santi hatte aber einen besonderen Trick für
uns, auf sein Geheiß hin sperrten einige Männer eine Gasse im Strom der
Pilger und für Sekunden hatten wir Sicht auf die Augen Kalis im Inneren
des Tempels. Die Aktion wurde freilich durch einige Scheine entlohnt.
Santi ist am Tempel sehr bekannt, zum einen als Tourguide, zum anderen
weil sein jüngerer Bruder ein respektierter Geistlicher (Brahmane) war,
die Familie stammt aus der Priesterkaste.
Im Anschluss sahen wir uns kurz das momentan in Renovierung befindliche
erste Hospiz des Ordens von Mutter Teresa an, ein bei uns exemplarischer Ort
für Kolkata, hier kein Besonderer, denn Armenspeisungen gibt es zuhauf.
In Kolkata leben auch nur etwas halb so viele Menschen unterhalb der
Armutsgrenze wie im indischen Durchschnitt und die Stadt ist bekannt
dafür, dass niemand verhungern muss. Schön ist der Anblick natürlich deswegen trotzdem nicht.
Als nächstes zeigte uns Santi die National Library und anschließend das
Victoria Memorial mit seiner Sammlung, ein beeindruckendes Monument
britischer Kolonialherrschaft. Zu allem und jedem gab es Exkurse und
Informationen bis hin zu politischen, religiösen und philosophischen
Themen - ein Tag mit Santi ist ein Erlebnis.
Nächster Stop war der botanische Garten, der sich in einem sehr
aufgeräumten und sauberen Zustand präsentierte. Ziel war der große
Banjan-Baum, ein über 250 Jahre altes Wunder der Natur mit unzähligen
Luftwurzeln und Ablegern, insgesamt ist der Weg um den Baum (es ist nur
einer) über 1km lang! Von dort fuhren wir zur College Street und
stärkten uns im Indian Coffee House, danach ging es dann zum Marble
Palace. Der Palast einer ehemals unermesslich reichen Kaufmannsfamilie
(Babu-Kultur) beinhaltet eine grandiose Sammlung europäischer Kunst,
vor allem Gemälde und Statuen nach italienischem und griechischen
Vorbild. Bei den meisten Stücken handelt es sich um Kopien aber es
leidet auch ein echter Rubens ungeschützt vor dem Klima vor sich hin.
Beeindruckend auch die bestimmt 8m hohen belgischen Spiegel und
feinstes Meißner Porzellan. Die Marmorfußböden sehen aus wie Teppiche
und sind aus unterschiedlichstem Gestein aus der ganzen Welt
gearbeitet. Aber der Reichtum hat ein Ende gefunden, alles verfällt und
dümpelt unter Plastikfolien vor sich hin, ein vernünftiges Konzept gibt
es nicht und so lebt die Familie jetzt von den Spenden der wenigen
Besucher.
Im Anschluss wurden uns noch einige Einkaufswünsche erfüllt, zum
Beispiel der nach der besten Chilisauce Kolkatas oder etwas
Silberschmuck. Immer wusste Santi Rat, so werden wir, wie er meinte, im
Schmuckgeschäft seines alten Schulfreundes zwar auch übers Ohr gehauen,
allerdings weit weniger als anderswo, wenn er dabei ist. Das Geschäft
kannten wir dann auch schon denn viele Empfehlungen hatte der Vater
bereits an den Sohn weitergegeben.
Nach einer Dusche im Hotel machten wir uns auf zu Ghoshs, wo wir etwas
zu spät ankamen, da wir, schon auf dem richtigen Weg, Zweifel an
unserer Orientierung bekamen und etwas planlos in der Gegend
herumliefen. Wir schauten die Bilder der Oktober-Reise an und
erzählten, von was wohl, natürlich von Elefanten. Gegen 23Uhr waren wir
wieder im Hotel und blickten auf einen erfolg- und ereignisreichen
ersten Tag in Kolkata zurück.