Spanien 2018 blog - 03.10.18

Gestern Abend war die Welt im Stadtteil Sants nach dem touristischen Inferno der Innenstadt dann doch wieder in Ordnung, als wir mit Marina das Lokal unserer Wahl verließen kam doch tatsächlich die Bedienung hinter uns her und fragte uns welche Sprache wir gesprochen haben, der Koch wolle dies gerne wissen. Wow! Deutsch nicht erkannt in Barcelona!! Klasse!!! Ok, der Mann kommt aus Marokko, aber egal.

Nach dem üblichen kleinen Frühstück kämpften wir uns durch gefühlt 128 vielspurige Kreisverkehre aus Barcelona heraus, wurden nur von Taxen angehupt wenn wir beim Abbiegen alten Damen Vorrang gewährten, deren Ampel grün zeigte, was wiederum für eine Stadt wie Barcelona doch recht höflich ist, und erreichten schließlich die Autobahn nach Norden. Nach etwa zwei Stunden Fahrt und einem ausgedehnten Supermarktbesuch passierten wir in den Pyrenäen die französische Grenze und nach einer wunderbaren Fahrt durch das Tal der Aude ließen wir Catalunya endgültig hinter uns und waren wieder in Frankreich.

Wir haben die etwas mehr als zwei Wochen im Baskenland und Katalanenreich sehr genossen, ich muss aber auch ganz ehrlich schreiben, dass ich trotz aller Begeisterung für lokales Brauchtum, Traditionen, Sprachen, Essen, Musik und sonstige kulturelle Errungenschaften die Schnauze gestrichen voll von Plakaten, Aufklebern und Sprühereien irgendwelcher arg unterdrückter und politisch verfolgter Freiheitskämpfer habe, die ihre Parolen auf Schaufensterscheiben, Bankomaten, Fahrplänen und Brückenpfeilern verewigen und alles unliebsamen mit der Macht der Sprühdose ausradieren. Zwar steht mir als Besucher im Grunde kein Urteil zu aber in meinen Augen ist das Gebaren zum ersten etwas unzeitgemäß, zum zweiten unzivilisiert und zum dritten geht es mir tierisch auf den Sack. Wie auch in unserem Land hört man leider nur die Schreihälse, niemand druckt Aufkleber mit dem Inhalt "Ich bin stolzer Katalane/Baske, empfinde aber die weitreichende Autonomie meiner Region als völlig ausreichend, kann meine Sprache und Tradition pflegen und bin ansonsten ein halbwegs zufriedener Spanien im europäischen Haus" und klebt diese in Fahrstühle, die nur katalanisch reden, auf Parkuhren, die baskisch beschriftet sind oder auf die Toilette einer Kneipe, in der es ohnehin nur Pintxos und Tapes gibt und keine Tapas.

In Carcassonne angekommen parkten wir auf dem öffentlichen Parkplatz, suchten unsere Herberge, scheiterten an unserem Versuch mit dem Gastgeber ausschließlich Französisch zu reden, korrigierten dies mit Englisch, wurden schließlich auf den zur Auberge gehörigen Parkplatz geführt und wieder zur Maison gefahren, nachdem wir unser Gepäck schon zu Fuß durch die mitteralterlichen Gassen geschleppt hatten. Da wir etwa 30km vor Carcassonne ein Piano-Museum entdeckt hatten kam die Sprache auf Musik und es entwickelte sich schnell ein interessanter Austausch.

Anschließend erkundeten wir die Cité, also die "mittelalterliche" Altstadt Carcassonnes, die Anführungsstriche deshalb, weil die heute zu bewundernde Bauwerke alle im 19. Jahrhundert renoviert wurden, der Zustand also keineswegs aus dem Mittelalter stammt sondern ungefähr aus der Zeit, als anderswo Neuschwanstein errichtet wurde. Trotz der sehr touristischen Infrastruktur herrscht aber keineswegs die früher typische Abzockerei vor, ganz im Gegenteil, das von uns ausgesuchte Restaurant war fast asschließlich von französischen Touristen besucht, das Menue war ausgezeichnet und preislich absolut im Rahmen wenn man bedenkt, wo man sitzt. Und, 18 Tage nach der Prophezeiung in Itxassou, ja, stimmt, wir haben in Spanien wirklich gut gegessen, aber die französische Küche liegt uns einfach mehr. Mehr Raffinesse, leichter, variantenreicher. Ein Salat, eine Gazpacho mit Sorbet, gebratener Tintenfisch mit Gemüse und natürlich mein kulinarischer Höhepunkt der Reise, das Cassoulet von Carcassonne!

Unser heutiges Foto: Die Mauern der Cité dienen derzeit als "Leinwand" für ein zeitgenössisches Kunstwerk von Felize Varini, dass wir zum einen völlig klasse finden und das uns zum anderen sehr an den bemalten Wald von Oma nahe Guernica erinnert hat. Diese gelben Streifen sind kein Fehler im Bild und die haben wir auch nicht mit Gimp reingemalt - die sind wirklich auf den Mauern angebracht!

Carcassonne Varini


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