Spanien 2018 blog - 19.09.18
In
Briones ist es ein bisschen wie zuhause, nur, dass die Riss hier Ebro
heißt und sich der morgendliche Herbstnebel auf Wein legt statt auf
Mais. Auf unserer Fahrt nach Norden klarte es aber schnell auf, als wir
am späten Vormittag in Guernica ankamen schien bereits die Sonne und
aufgrund der Nähe zum Meer schlug uns ein feuchtwarmes Klima entgegen.
Guernica,
ein Name, der bei mir eine Gänsehaut erzeugt. Ich wollte schon lange
einmal nach Guernica, denn nirgendwo sonst treffen baskische und
deutsche Geschichte so folgenschwer aufeinander. Zur Erinnerung oder
als Erstlektion: Mitte der 1930er kam es im Spanien der zweiten
Republik zum Bürgerkrieg, Kommunisten und Separatisten auf der einen
Seite, Faschisten auf der anderen. Das Baskenland war geteilt, Navarra
marschierte mit Franco, andere Teile wollten die Unabhängigkeit. Im
April 1937 riefen die spanischen Faschisten ihre deutschen und
italienischen Freunde und gemeinsam, allen voran die deutsche
Flugstaffel Legion Condor, wurde in Guernica ein Exempel statuiert
und die Kleinstadt schwer zerstört.
Gleichzeitig war es für
Hitlers Militärs bereits ein Waffen- und Strategietest, so wurde zum
Beispiel die in Guernica ansässige Waffenfabrik gezielt verschont,
ebenso die bekannte Eiche, unter der die Basken ihre Treue schworen, um
die Franco treuen Basken nicht zur vergrätzen. Das Märchen von den
chirurgischen Luftschlägen wird uns ja bis heute erzählt.
Zunächst
besuchten wir das Museum des Baskenlandes und lernten viel über die
Kultur dieses Volkes. So betrachten sich die Basken als erste Europäer,
die aus ihren neolithischen Pyrenäenhöhlen krochen und die Kultur zum
Erblühen brachten. Rätselhaft nur warum der liebe Gott zu einem so
frühen Zeitpunkt nur noch X, Y und Z für ihre Sprache übrig hatte...
Etwas
schade war, dass sämtliche Installationen zum Anhören baskischer Musik
und einheimischer Musikinstrumente defekt waren, darauf hatten wir uns
schon sehr gefreut. Ebenso schade fand ich, dass die Zeit des 20.
Jahrhunderts, zweite Republik, Bürgerkrieg, Faschismus und ETA Terror
mit keiner Silbe erwähnt wurde. Wir waren letztens mit Bekannten Essen
und Junko, Japanerin, sagte uns, dass sie es großartig findet wie die
Zeit des Dritten Reiches und des Krieges in Deutschland aufgearbeitet
wurde, in Japan herrsche nach wie vor totales Schweigen. Ich hatte das
so noch nie betrachtet und auch wenn man derzeit den Eindruck gewinnen
muss, dass bei manchen Zeitgenossen alle Mühe vergebens war, hat sie
durchaus Recht.
Nur wenige Meter entfernt vom Baskenmuseum liegt
das Friedensmuseum, hier wird sehr wohl und sehr beeindruckend
aufgearbeitet, was 1937 geschehen ist. Guernica nennt sich heute Stadt
des Friedens und das Zentrum versteht sich als Ankerpunkt eines
Netzwerkes von Friedensaktivisten. Große Hochachtung muss ich
auch den Vertretern der Stadt Pforzheim ausdrücken, die im Rahmen
ihrer Städtepartnerschaft mit Guernica wichtige Arbeit geleistet haben.
Eine offizielle Botschaft aus Deutschland kam übrigens erst 60 Jahre
nach dem Bombardement von Bundespräsident Roman Herzog, eine
Anerkennung der Beteiligung seitens des spanischen Militärs steht noch
immer aus.
Nachdenklich suchten wir uns eine nette Tapas-Bar und
stärkten uns mit Tortilla, Spieß, Kroketten und Muscheln, dann fuhren
wir etwas weiter nach Norden und marschierten zum Bosque pintado, dem
bemalten Wald des Künstlers Agustín Ibarrola aus dem Dörfchen Oma. Der
2,8km lange Fußmarsch war aufgrund des Klimas und der reichlichen zu
überwindenden Höhenmeter anstrengender als gedacht, belohnt wurden wir
mit einer fantastischen Installation von Kunstwerken, die je nach
Perspektive existieren oder eben nicht, oder sich verändern, da sie oft
auf mehrere Bäume verteilt sind, die unterschiedlich weit vom
Betrachter entfernt stehen. Es müssen Hunderte Bäume sein, die Ibarrola
mit seinen Helfern bemalt hat, und das Erlebnis ist ebenso surreal wie
großartig!
Gegen
19:30Uhr waren wir wieder zrück in Briones, hier im Hinterland
herrschten noch fast 30°C und nach einer erfrischenden Dusche ließen
wir uns von Paco bekochen, bevor wir weit nach Mitternacht in die
Betten fielen.