Schottland 2010 - Reisebeschreibung
Unsere
Motorradreise im Mai 2010 führte uns zunächst einmal quer durch
Deutschland nach Löhne/Westfalen, und das im Bummeltempo. Damit erfüllten wir uns
einen lang gehegten Wunsch denn auf der Autobahn und in möglichst
kurzer Zeit waren wir die Strecke ja nun schon häufig genug gefahren.
Los
ging es am 7. Mai in den Nordschwarzwald, von dort über Heddesheim nach
Weinheim, dann weiter nach Speyer und schließlich nach Mainz. Die
letzte Übernachtung dieser sechstägigen Anreise hatten wir nahe
Winterberg, das mit 3°C bei unserer morgendlichen Weiterfahrt seinem
Namen alle Ehre machte.
Am Donnerstag stand das traditionelle
Vatertagsgrillen bei Fisch auf dem Programm und nach einer kleinen
Runde auf historischen Mopped-Pfaden am Freitag ging es am Samstag
richtig los: Zu dritt, Fisch war mit seiner GPZ1100 mit von der Partie,
fuhren wir nach Amsterdam IJmuiden zur Fähre nach Newcastle, das wir am
Sonntag Morgen nach angenehmer Überfahrt inklusive Whisky tasting
erreichten.
Unser Weg führte uns nun bei regnerischem Wetter
westlich durch Northumberland entlang des Hadrian's Wall. Ungefähr ab
der schottischen Grenze wurde es trockener und sonniger und das sollte,
ich nehme es vorweg, tatsächlich für den Rest des Urlaubs anhalten!
Schon auf dieser Strecke gab es einiges anzusehen: Das Priorat
Lanercost zum Beispiel, das Caerlaverock Castle oder die Sweetheart
Abbey in New Abbey. In New Abbey verbrachten wir dann auch unsere erste
Nacht auf schottischem Boden - im Abbey Arms bei Jerry und Janni
(http://www.abbeyarmshotel.com). Ein wunderbarer, freundlicher Abend -
ein schönes "Willkommen" in Schottland!
Nachdem ich dann am
Montag Morgen ohne weitere Folgen die linke Straßenseite
wiedergefunden hatte, die man nun mal in Großbritannien benutzt, ging
es zunächst zum Glenkiln Reservoir Skulpturenfeld. Dort stehen in der
Landschaft verstreut etliche hochkarätige Kunstwerke, die man ohne
weiteres gar nicht findet. Auf den uns im Abbey Arms empfohlenen
Straßen fuhren wir nun nach Nordosten an den Stauseen vorbei, die
Edinburgh mit Wasser versorgen, statteten Abbotsford House, dem
"Schreibtempel" Sir Walter Scotts, einen Besuch ab, und landeten
schließlich in Melrose. Dort wachte ich dann auch g'scheit auf - denn
mit 40 wird der Schwabe g'scheit, sagt man, und ein klein bisschen
Schwabe sollte nach 12 Jahren ja in mir stecken.
Diesen
für mich also etwas besonderen 18. Mai gestalteten wir zunächst mit der
Besichtigung der empfehlenswerten Dryburgh Abbey und
einer Stippvisite bei der Jedburgh Abbey. Dann fuhren wir in einen
kleinen Ort names Myreton und sahen uns das dortige Motor Museum an,
das über einige sehr schöne Exponate verfügt
(http://www.myretonmotormuseum.co.uk). Schließlich fuhren wir zum
Borthwick Castle (http://www.borthwickcastle.com), in dem Geli und
Mike schon auf uns warteten. Nach dem schweißtreibenden Bezug der
Zimmer, so ein Moppedkoffer ist auf der engen Wendeltreppe doch etwas
unhandlich, gingen wir etwas spazieren, ließen uns dann die Burg
erklären, die zur Überraschung aller "made of stuuuuuuuuns" (Schottisch
für "stone") ist, und begingen schließlich meinen Geburtstagsabend bei einem
feierlichen Dinner in der Great Hall. Der wundervolle Tag klang bei
einem gepflegten Whisky am Kamin aus. Ganz große Klasse!
Am nächsten Tag
fuhren Geli und Mike zum Flughafen und traten trotz Vulkanasche die Heimreise an, wir
ließen uns vom Bus nach Edinburgh transportieren. Ein bisschen
verändert hatte es sich schon seit unserem letzten Besuch, aber nicht
sehr, und so genossen wir einmal mehr das Castle, die Camera Obscura und das Hard
Rock Café. Am Donnerstag dann hieß es Abschied nehmen von Borthwick
Castle und es begann die Reise in den Norden Schottlands - die
Highlands! Auf zügigen Straßen fuhren wir über Sterling bis nach
Inverness, wo wir in einem netten B&B übernachteten.
Von
dort ging es am Freitag in die
einsame Region des äußersten Nordens, auf herrlich kleinen single track
roads bis an die Küste nach Tongue. Zum Glück fanden wir auch dort eine
gemütliche und etwas besondere Übernachtungsmöglichkeit, wir im Haus
mit einem mit Teppich ausgelegten Bad mit Whirlpool, Fisch bekam einen
geräumigen Caravan zugewiesen, der den nächtlichem Regen allerdings
etwas laut erscheinen ließ. Und wieder einmal wurden wir positiv
überrascht was das Essen anging, in diesem Punkt war Schottland
plötzlich nicht wieder zu erkennen. Delikate, raffinierte Kreationen,
einheimische Produkte, nachhaltig und ökologisch erwirtschaftet wenn
möglich, und das in einem Ort "am Ende der Welt" - wer hätte das
gedacht? Das Tongue Hotel machts möglich (http://www.tonguehotel.co.uk)!
Der Samstag schenkte uns erneut einen wunderbaren
Fahrtag entlang der Westküste nach Süden. Schließlich kamen wir in
einem Hotel in Shieldaig unter, einem kleinen Ort in einer kleinen
Bucht mit dem Flair einer Wochenendhaussiedlung. Immerhin konnten wir
den Altersdurchschnitt signifikant senken. Etwas verkatert umrundeten
wir dann am Sonntag die Applecross Peninsula und fuhren über den
dramatisch schönen "Bealach nam Bo" (Applecross pass), der von sich
behauptet "the only true Alpine pass in Britain" zu sein. Angeblich ist
er auch der höchte Pass, ob das stimmt wissen wir nicht sicher. Nach einem
kurzen Stopp an der "Highlander-Burg" Eilean Donan Castle, einem
veritablen Touristenmagneten mit beeindruckendem Busparkplatz, endete
der Tag in Fort Augustus, einem der Orte mit spektakulären Staustufen
(Schleusen) am Kaledonischen Kanal
(http://de.wikipedia.org/wiki/Kaledonischer_Kanal). Ein erneuter kurzer
Blick auf meinen Hinterreifen legte das Programm für den Montag fest:
Ein Neuer musste her. Glücklicherweise war das etwas rustikale Hostel am Campingplatz,
in dem wir wohnten, von zahlreichen Moppedfahrern bevölkert, und bereits
der Erste, den ich ansprach, hatte die Adresse und Telefonnummer von
National Tyres in Fort William zur Hand.
Gesagt - getan, der
erste Weg führte uns also am Montag nach Fort William zum
Reifenhändler. Bereits um 10Uhr saßen wir beim Frühstück und das
Problem war gelöst. Nun fuhren wir noch etwas nach Westen nach
Glenfinnan, um uns Monument und Viadukt (bekannt durch den "Hogwarts Express") anzusehen,
was nur mäßig lohnenswert ist. Den uns bereits bekannten Weg entlang
über Fort Augustus steuerten wir anschließend Loch Ness an und ließen
uns in der empfehlenswerten Ausstellung im "Loch Ness Exhibition Centre" von
der Nichtexistenz eines Monsters oder Sauriers überzeugen. Schade
eigentlich. Einen spektakulär schönen Ausklang fand der Tag dann am
Loch Lochy in einem Hotel, auf dessen Sonnenterrasse am See man
windgeschützt bis zum Sonnenuntergang Ale und Cider trinken und das Leben
genießen konnte.
Am Dienstag traten wir endgültig den Weg nach
Süden an und fuhren über Oban auf die wunderschöne Halbinsel Kintyre.
Dort wohnten wir am südlichsten Zipfel in Southend im rustikalen Argyll
Arms Hotel und unternahmen vor dem guten Abendessen noch einen
Ausflug zum Mull of Kintyre, dem von Paul McCartney besungenen
Leuchtturm am Ende der Halbinsel mit einem grandiosen Blick auf die
irische Antrim Coast. Von der Gegenseite haben wir im Mai 2004 nach
Schottland geblickt - nun blickten wir zurück!
Am Mittwoch
brachte uns zunächst eine Fähre von Claonaig auf Kintyre nach Lochranza
auf der Isle of Arran und dann eine weitere von Brodick zurück aufs
Festland nach Adrossan. Von dort fuhren wir strikt nach Süden und
landeten glücklich von einem nahen Gewitterregen verschont wieder bei
Jerry im Abbey Arms in New Abbey. Es gab eine Menge zu erzählen und
einige offene Fragen zu klären, die sich während der 10 Tage in
Schottland ergeben hatten. Jerry konnte sie alle beantworten.
Nach
einem echten Jerry-Frühstück mit "smoked haddock in milk" und "Haggis"
(wahlweise, nicht beides!) traten wir am Donnerstag die Rückfahrt nach
Newcastle an und bummelten erneut den Hadrian's Wall entlang, wieder
bei durchwachsenem Wetter, das erste Mal seit unserer Ankunft. Dann
wurde es doch noch mal kurz spannend, als an der Kawa die
Auspuffhalterung aufgab und der Krümmer einen Riss aufwies, aber dank
solidem Spanngurt kein Problem. Pünktlich erreichten wir die Fähre und
liefen nach erneut angenehmer Überfahrt am Freitag Morgen in Amsterdam
ein.
Hier trennten sich unsere Wege, Fisch fuhr zurück nach
Löhne, wir über Utrecht und Venlo nach Süden bis in die Pfalz, wo wir
im schönen Pfalzhotel in Asselheim übernachteten. Mit erlesenen
Weißweinen, Schnecken und sonstigem gutem Essen begingen wir dort den 28. Mai 2010, der für
uns unser 10jähriges Zusammensein repräsentiert. Auf die nächsten 10
und nochmal 10 und nochmal 10 und...und...und...!
Nach ziemlich
genau 5000km tuckerten wir am Samstag dann am späten Nachmittag auf den
Hof von Trottelsend und konnten auf einen sehr gelungenen,
ereignisreichen und schönen Urlaub zurückblicken. Das Team hat (wie
erwartet) wunderbar funktioniert, mit dem Wetter hatten wir riesiges
Glück und auch stechende Insekten haben wir keine getroffen. Das Essen
war prima, das Preisniveau absolut erträglich und bis auf meinen kurzen
blackout am ersten Morgen hatten wir keinerlei Probleme mit dem Linksverkehr, mit etwas
Übung auch in den vielspurigen Kreisverkehren nicht mehr. Damit haben
wir wohl alle Vorbehalte und Klischees bzgl. Schottland widerlegt, oder?