Nepal 2019 blog
12. Oktober
Samsara, der Kreis schließt sich
Heute
beendete Shankar unsere viertägige Reise durch das Leben, den immer währenden Kreis,
Samsara. Am Ende und gleichzeitig am Anfang steht das Sterben und so
fuhren wir heute zum Weltkulturerbe Pashupatinath, einem bedeutenden und
sehr heiligen Shiva Tempel mit Verbrennungsplätzen am Fluss Bagmati, die 24
Stunden am Tag in Betrieb sind. Die für uns ungewohnte Teilnahme an
diesen Verbrennungen, das Fehlen der Privatsphäre und dessen, was wir
Pietät nennen, und vor allem das Erleben höchst emotionaler Zustände der
Angehörigen, die Toten sind bei der Verbrennung erst einige Stunden aus
dem Leben geschieden, sind anstrengend und aufwühlend, gehören aber
eben zum Kreislauf des Lebens und damit zum Verstehen.
Wie bei allen bisher
besuchten Tempeln handelt es sich auch bei Pashupatinath um eine, salopp und
ohne Sachkenntnis gesagt, Mischung aus Tibet und Indien, das Bauwerk
aus dem buddhistischen Norden, Funktion und Ikonografie aus dem
hinduistischen Süden. Und tatsächlich verschmelzen in Nepal die beiden
Religionen in Teilen, so werden in Pashupatinath durchaus auch Buddhisten
verbrannt. Dennoch sollte man sich nicht der naiven Vorstellung einer
durchweg toleranten, friedlichen und religionsoffenen Gesellschaft
hingeben, das Betreten des Tempels ist für nicht-Hindus
prinzipiell verboten und "white people", auch wenn sie Hindu sind,
zahlen höheren Eintritt und dürfen auch dann das heilige
Innere nicht betreten. Es herrscht also, und das wurde vorgestern Abend in Nagarkot
auch unmissverständlich diskutiert, in bestimmten Kreisen ein ganz
klarer Chauvinismus, der weder vor Religion noch Hautfarbe und Herkunft
als Selektionskriterium Halt macht. Ob die Blumenkinder das vor 50
Jahren am Ende des Hippie trail auch so bemerkt haben?
Der letzte Programmpunkt unserer Entdeckungsreise
durch das Kathmandu-Tal führte uns dann wieder zu den Buddhisten, die
Bouddhanath Heritage Site, die maßgeblich von Exiltibetern und Nepali
mit tibetischen Wurzeln betrieben wird. So waren dann auch die
Sicherheitsvorkehrungen entsprechend, Protest irgendwelcher Art ist am
ersten Tag des Staatsbesuchs des Freundes aus China natürlich nicht
gerne gesehen und der eigentlich anvisierte Buttertee-Laden musste auf
Geheiß der Obrigkeit sogar ganz schließen. Der lange Arm der Chinese
Democracy, was tut man nicht alles für gute Freunde.
Auch
auf der Rückfahrt zum Hotel arbeiteten wir uns von Kontrollposten zu
Kontrollposten, die Stadt oder zumindest die für Xi geplante Route ist
reich geschmückt und blitzsauber, ähnlich wie Delhi vor neun Jahren zu
den Commonwealth Games. Polizei und Militär säumte die Straßen und
irgendwann heute Nachmittag wird alles gesperrt sein, wann, weiß
niemand. Und für den morgigen, zweiten Tag des Besuchs wurde sogar ein
Feiertag ausgerufen.
Anschließend hieß es Abschied nehmen von
Shankar, der uns Kathmandu und seinen ganzen Kosmos gezeigt und erklärt
hat. Er war ein prima Begleiter, egal ob es um philosophische und
religiöse Fragestellungen oder die Beschaffung profaner weltlicher
Freuden ging - dafür vielen Dank! Nach den vier Tagen geballten Wissens
sind wir aber auch alle recht froh ab morgen vorerst Kultur von Natur
ablösen zu lassen.
Nach etwas Ruhe besuchten wir den Garden of Dreams,
einen historischen kleinen Park in der Innenstadt von Kathmandu. Für
uns Mitteleuropäer ist so eine Parkanlage eher gewöhnlich und der
Eintrittspreis von etwas mehr als 3€ für uns Ausländer wäre
unangemessen, im Anbetracht der Tatsache, dass wir uns mitten in Nepal
befinden, muss man diese Ansicht aber relativieren. Einheimische zahlen
ja auch weniger und es wird sicher so manch ein Traum wahr, die Anlage
scheint genau so ein Kuschel-Karten zu sein wie der Botanische Garten
von Kolkata. An den Park angeschlossen ist Kaiser Café
(nicht zu verwechseln mit Kaisers Kaffee, einer verblichenen
Supermarktkette in Deutschland), benannt nach dem Gründer der
Gartenkunst, heute betrieben von der Dwarika Gruppe, in deren
Luxus-Hotel wir die letzten zwei Nächte des Nepal-Urlaubs in Kathmandu
verbringen werden. Mit Sicherheit das teuerste Café im Land und auf
einen solchen wirklich nett!
Bereits auf dem Weg zum
Kuschel-Garten waren wir in einem Musikinstrumente-Geschäft und haben
eine kleine Damaru gekauft, eine Rassseltrommel wie Ratri sie als
Kind hatte. Dabei sah ich auch die wunderschönen und interessant
klingenden Madal,
das typische Rhythmusinstrument der nepalesischen Musik. Da diese aus
hiesigen Hölzern hergestellt werden witterten wir Artenschutzprobleme
und recherchierten zunächst im allwissenden Internet, da Teak aber
unseres Wissens keiner Importbeschränkung unterliegt kehrten wir vor
dem Abendessen in das Geschäft zurück und füllten unseren
Souvenirkoffer mit einem weiteren Beutestück, nachdem uns heute schon
ein Shivalingam und, unvermeidbar, ein Ganesh zugelaufen waren.
Den
Abend dieses wieder sehr interessanten und abwechselungsreichen Tages
verbrachten wir erneut im Café Mitra bei frisch gegrillter Forelle,
Fisch französischer Art, nepalesischem Fisch- und Eiercurry sowie dem
einen oder anderen Everest Bier.