Kreta 2023 blog - eine
Zeitreise
24.4. 2023 (Agia Galini)
Nach
einer ruhigen Nacht in der schnuckeligen Cretan Villa besuchten wir
zunächst eine Apotheke, denn ein Wechsel des Verbandes von Toms Finger
war nach zwei Tagen verordnet worden. Für soetwas sind in Griechenland
Apotheken zuständig und entlasten so Arztpraxen und Krankenhäuser statt
wie bei uns nur Packungen aus dem Regal zu nehmen. Allerdings wurde die
nette Mitarbeiterin bereits bei der Erklärung des Wunsches etwas
unpässlich, musste zunächst nach draußen begleitet und dann zum
Blutdruckmessgerät geführt werden. Ihre Kollegin oder Chefin löste die
Aufgabe dann aber professionell und ohne Ohnmachtsanfall.
Anschließend
befuhren wir die Nationalstraße nach Westen und sahen viele
Gewächshäuser, hier im Süden ist es wärmer als an der Nordküste und
hier blüht die Landwirtschaft. Im reizenden Ano Viannos gab es dann
unseren ersten Kaffee des Tages mit Filo-Teigtaschen, ein spätes
Frühstück, das uns meistens problemlos über den Tag bringt. Auf dem
weiteren Weg duftete der blühende Fenchel, wieder ein Aroma mehr im
organoleptisch so attraktiven Kreta!
Zweites Kostas-Ziel des
Tages war Gortis, Hauptstadt der römischen Periode der Insel, dort
beeindruckten uns vor allem die 42 Steinquader mit Gesetzestexten, die
ältesten verschriftlichten Gesetze Europas.
Und weiter ging es
in der Altertums-Rallye, Festos (Phaistos, wie immer man möchte), die
Stadt mit dem zweitgrößten minoischen Palast der Insel, erbaut vom
Bruder Minos' und behutsam ausgegraben. Ob die Diskos (Scheibe) von
Phaistos nun echt ist oder nicht können wir auch nicht beurteilen,
zumal sie im Museum in Iraklio zu sehen ist und nicht in Festos.
Vermutlich habe ich sie dort 1985 gesehen, kann oder will mich aber an
nichts erinnern, die vielen Museumsbesuche waren damals für einen
Teenager etwas zu viel des Guten.
Ausgelassen haben wir übrigens "Labyrinth", und beim Kaffee in Festos kamen wir dadurch zu...
Regel
Nr. 11: Ziele, die wir nicht gesehen haben, und von denen Kostas uns
erzählt, gelten als "Virtual Reality" und sind einen Haken wert. Ziele,
von denen Kostas erzählt, die wir aber gesehen haben, geben keinen
zusätzlichen Haken.
Nächster Haken, also nächstes Ziel, war ein
Google-bekanntes Geschäft für kretische Kräuter in Listaros. Neben
kretischen Kräutern gab es auch solche aus aller Welt, Gewürze aus
fernen Ländern, Teemischungen jeder Art und das alles zu
kosmopolitischen Preisen. Ohne Kräuter jeglicher Art setzen wir die
Fahrt fort und erreichten nach kurzer Zeit Matala. Bereits in der
Jungsteinzeit gruben dort Menschen Höhlen in den Sandstein, dann wurde
die Bucht als Hafen von Festos und Gortis genutzt, und schließlich
bezogen Hippies die Höhlen und gründeten eine Kommune, wovon unser
Zeitreiseführer allerdings noch nichts ahnte. Auch Joni Mitchell lebte
zeitweise hier und zitierte das "Mermaid Café" (nicht mehr existent) in
ihrem Song Carey.
Und heute? Strand in der Mitte gesperrt,
Eintritt für die Höhlen. Restaurants mit kretischer Küche wie Gyros,
Pizza und Hot Dog. Geschäfte über Geschäfte mit Hippie-Merchandising,
so ziemlich jeder erdenkliche Artikel mit VW-Bus, Blumen oder Bob
Marley drauf. Henna Tattoos. Und das Matala Beach Festival, gekauft von
Amstel Bier aus den Niederlanden. Man mag von Hippies halten, was man
will, aber mehr kann man eine Idee und Lebenseinstellung nicht mit
Füßen treten.
Auf der Weiterfahrt blickten wir dann nach Norden
auf den Psiloritis, den höchten Berg Kretas, bevor sich die Straße dann
wieder zum Meer wendete und wir Agio Galini erreichten. Hier bezogen
wir das wunderschöne Hotel "Erofili", benannt nach einer Tragödie und
der gleichnamigen Protagonistin aus der Renaissance, geschrieben in
Rhetimno auf Kreta. Unser Gastgeber sieht ein bisschen nach Hippie aus,
fährt ein ultracooles Karmann-Wohnmobil im Hippie-Style, ist
anscheinend Musiker und betreibt eine "Jazz und Blues Bar". Das Hotel
ist bunt und weltoffen, man ist laut Inschrift ganz nah an den Göttern,
auf dem Zimmer stehen Rosinen mit Honig und Raki zur Begrüßung und der
Blick vom Balkon ist sensationell!
Und
nun geht es zum Haken eintauschen, der kleine Ort hat überproportional
viele Tavernen zu bieten und das Motto des Abends lautet "Besser
Erofili als Psiloritis" um mal einen Kalauer zu platzieren, der
irgendwie nach Apothekerin klingt, die bei der Aussicht auf einen
Verbandswechsel ohnmächtig zu werden droht.