Kreta 2023 blog - eine
Zeitreise
23.4. 2023 (Ierapetra)
Die
erste gute Nachricht des Tages lautete, dass es Toms Finger deutlich
besser ging, der Ausflug nach Sitia am gestrigen Abend hatte sich also
gelohnt.
Die zweite gute Nachricht des Tages lautete, dass wir
heute unseren Seh-und-Riech-Tag erlebten, und zwar auf der Hochebene
über Zakros. Der hiesige Bewuchs heißt Phrygana und wird unter anderem
von Thymian geprägt, und wir fuhren durch Landschaften voll des
würzigen Duftes von Kräutern, umweht vom frischen Meerwind auf der
Hochebene. Das Licht, die Farben, dieser Geruch, die Weite, die Stille,
nur einige Ziegen - wir waren völlig überwältigt. Überall in der
Landschaft standen in bunten Farben gestrichene Bienenstöcke, deren
Bewohner den ausgezeichneten Thymianhonig, der überall angeboten wird,
liefern.
Unsere
Straße führte uns nun wieder zurück nach Westen und nach einigen
Kilometern passierten wir den Weiler Sitanos. Dort fiel uns sofort das
einzige Café auf, das naturgemäß am Sonntagmittag bevölkert war. Wir
beschlossen auf einen Kaffee einzukehren, neugierig beäugt von alten
Männern mit Kaffeetassen und Raki auf den Tischen. Auch der
Dorfpriester saß dort, geschmückt von seinem massiven Kreuz der
griechisch orthodoxen Kirche. Ein Gast mit Englischkenntnissen wurde
dann zu uns geschickt, alles weitere war kein Problem. Die Wirtsleute
schnippelten Gemüse und bereiteten vermutlich das sonntägliche
Mittagessen für die Dorfgemeinschaft vor, aller Wahrscheinlichkeit nach
wird dieser Café-Besuch an vielgerühmter und gesuchter Authentizität
kaum zu überbieten sein.
Nachdem
wir uns diese zwei Haken (Zusatzziel!) gesichert hatten war Kostas
nächster regulärer Stopp des Tages die Ruinen von Voila, ausnahmsweise
mal wieder venezianisch, erbaut 1740-41, mit einem sehr hübschen und
gut erhaltenen Gebäudeeingang und mehreren Tonnengewölben. Unweit der
Ruinen konnten wir frisches Quellwasser in unsere Flaschen füllen, das
aus einer Einfassung mit Hahn sprudelte und köstlich schmeckte.
Auf
der Weiterfahrt entdeckten wir dann die Villa de Mezzo in Etia, erbaut
im 15. Jahrhundert und damit blieben wir in der venezianischen
Periode. Die Villa wurde Anfang der 2000er Jahre restauriert (danke,
EU) und beinhaltet nun eine interessante Ausstellung, die sehr
informativ die Entwicklungen Kretas und Zyperns in den letzten 600
Jahren beleuchtet und vergleicht. Da Kostas auch diese Sehenswürdigkeit
entgangen war zählten wir nun schon vier Zusatzhaken und im Grunde war
der Tag durch, wir konnten Schluss machen, einfach den Sonntag genießen und auf
weitere Haken sch... verzichten, zumal der nächste Stopp tatsächlich
eine Taverne war, nämlich die Taverna Dragon's Cave an der
gleichnamigen Höhle, die wir laut Reiseleitung von dort aus erkunden
sollten. An der Taverne angekommen erklärte uns "Tochter Drache"
aber freimütig, dass "Dragon" nun mal ihr Familienname sei, und so
hätten sie eben diese Drachengeschichte erfunden. In der kleinen Höhle
oberhalb der Taverne gäbe es absolut nichts zu sehen, aber die
Spezialität des Hauses sei Gegrilltes. Wir einigten uns darauf, dass
der Drache auf Kommando durch Feuerspeien das Fleisch grillt, und
zufrieden mit diesem ausgezeichneten Kompromiss in bester Tradition kretischer Mythen verspeisten wir Fava
(Creme aus gelben Erbsen), Horta (eine Art "Spinat" Salat), Keftedes
(Gemüse-Frikadellen), Tirokafteri (pikante Schafskäsecreme) und, damit
der arme Drache nicht arbeitslos wird, eine kleine Portion
Lammkotelettes.
Eine halbe Stunde Fahrt später rollten wir vor
unsere sehr ansprechende und zentral gelegene Bleibe "Cretan Villa" in
Ierapetra, bezogen unsere Zimmer und erkundeten dann die kleine Stadt
an der Südküste. Die venezianische Festung des Ortes ist zwar aufgrund
der Restaurierung geschlossen, aber laut Regelwerk findet sich dafür
trotzdem ein Haken im Roadbook. Und schließlich fanden wir ein Haus, in
dem Napoleon (also DER Napoleon) einmal übernachtet haben soll, die
zweite und letzte Sehenswürdigkeit des Ortes. Eine gut investierte
Minute, Kostas resignierte, uns wurden zwei weitere Haken gutgeschrieben, es wurde endgültig Zeit
für richtig lustige Sachen! Mal auf einem Delfin reiten zum Beispiel...
Bei
einem Mythos und cooler Musik einer Band namens "2002 GR", die wir
nicht kannten, entsteht nun dieser Blog-Eintrag. Und dann gibt es da
noch diesen Auszug aus dem Zeitreiseführer über Ierapetra: "Heute lebt
sie vom Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen wie Oliven,
Trauben, Tomaten und Südfrüchten und ist besonders wegen ihres roten
Weines, der einem moussierenden Burgunder
ähnelt, berühmt." Die unterstrichene Phrase ist auch im Zeitreiseführer
von der Leserin unterstrichen worden.
Regel
Nummer 10: Vier Haken bzw. vier kleine Biere können gegen ein Glas Wein
ähnlich einem moussierenden Burgunder getauscht werden
Heute
könnten wir es uns leisten aber unsere Suche blieb ergebnislos, zwar
kehrten wir auf eine Variation leckerer gemischter Vorspeisen ein, der
Rotwein war aber weder moussierend noch ähnlich einem Burgunder...