Iran 2017 Tagebuch - 29. Oktober
Heute nervt mich eine Erkältung, die sich in den letzten Tagen entwickelt
hat. Ich glaube bis auf den Kanada-Urlaub 2015 kann ich mich an keine
einzige größere Reise ohne Rüsselpest erinnern. Vielleicht sollten wir
besser bei 6°C und Regen paddeln gehen und bei Frost zelten statt die Tropen
und Wüsten der Welt zu bereisen?
Heute also Abschied von Isfahan und wir mussten feststellen, dass der Koffer
und die Tasche ganz schön schwer geworden sind. Merkwürdig.
Mit unserem neuen Fahrer Bahman am Steuer war das erste Ziel Natanz, bei uns
eher bekannt aufgrund der unterirdisch betriebenen Zentrifugen, die wir aber
links oder rechts liegen ließen, man sah sie ja nicht, und uns unmittelbar
der alten Jame Moschee widmeten. Diese wurde vor ca. 1000 Jahren gegründet,
die ältesten heute zu besichtigenden Teile stammen von den Nachfahren der
mongolischen Eroberer und haben immerhin ca. 700 Jahren auf dem Buckel. Das
Gebäude war einst reich mit Stuckarbeiten verziert, die komplett
herausgeschnitten wurden und in England besichtigt werden können.
Das zweite Ziel des Tages war das niedliche und wunderschöne Bergdorf
Abyaneh, das auf etwa 2300m Höhe im Karkas-Gebirge liegt und aufgrud seiner
Abgeschiedenheit einige Besonderheiten aufweist. So blieben die Bewohner
lange dem Zoroastrismus treu und auch der Dialekt ist laut unserem
Reiseführer "altertümlich". Das freut mich jetzt besonders, da mir durchaus
auffiel, dass die Bewohnerin, bei der wir eine Kaffee-Pause eingelegt
hatten, "irgendwie anders" klang. Das Dorf ist in ganz Iran bekannt und wird
gerne von einheimischen wie ausländischen Touristen besucht, was sich auch
in einem Eintritt von umgerechnet 2€ äußert. Insgesamt also ein bewohntes
Freilichtmuseum, da aber wie gesagt auch viele Iranerinnen und Iraner kommen
wirkte es nicht ganz so artifiziell wie ich zunächst befürchtet hatte. Und
da die nette Café-Betreiberin neben Heißgetränken auch noch selbst geerntete
Rosenknospen und Minze im Angebot hatte ist unsere Souvenirtüte nochmal
etwas gefüttert worden.
Etwa 100km vor Teheran nahmen wir dann an einer Autobahnraststätte unser
kombiniertes Mittag- und Abendesen ein, nicht eben der Traum eines
Abschiedsessens am Ende eines solchen Urlaubs aber es hat lecker geschmeckt
und war aus organisatorischen Gründen definitiv die beste Wahl. Auf dem Weg
in die Stadt sahen wir dann im Vorbeifahren noch das Khomeini-Mausoleum, ein
imposantes Bauwerk, angeblich erdbebensicher bis Stärke 10 und das weltweit
teuerste Gebäude aller Zeiten. Der Bau ist immer noch nicht abgeschlossen
und beherbergt neben einer Einkaufspassage auch eine Universität und vieles
mehr. Wir werden sehen ob und wie lange die Vorkehrungen gegen seismische
Erdbeben auch den sozialen standhalten.
Gutes Stichwort, dieser Eintrag wird ja erst in good ol' Germany
hochgeladen: Am heutigen Geburtstag Kyros' des Großen waren Pasargad und
wohl auch Persepolis weiträumig abgesperrt und mit dem Auto oder Bus nicht
zu erreichen. Dennoch versammelten sich zahlreiche an diesen Symbolen der
Zeit vor der Revolution Interessierte, es kam aber nicht zu Zwischenfällen
wie im vergangenen Jahr. Um das zu wissen muss man aber auf soziale Medien
zurückgreifen, in den Zeitungen wird darüber nichts zu lesen sein. Und auch
bei diesen sozialen Medien ist immer Vorsicht geboten, da auch Bilder und
Videos vom letzten Jahr gepostet wurden, die suggerieren sollen, dass es zu
Protesten kam. Diese Fehlinformation kann man nur enttarnen, wenn man vor
drei Tagen vor Ort war und gesehen hat, dass die Absperrungen in diesem Jahr
völlig anders aussahen als im vergangenen. Es ist und bleibt schwierig mit
der Information, hier und anderswo.
Ehe ich jetzt aber in irgendwelche Resümees abdrifte beschließe ich den Tag
mit der Bemerkung, dass wir nach dem Bezug des Hotels noch ein schönes Eis
essen waren und jetzt versuchen werden etwas zu schlafen, denn um 3:15Uhr
klingelt der Wecker.