Iran 2017 Tagebuch - 22. Oktober
Heute fuhren noch etwas weiter nach Osten, über einen Pass mit einem Tunnel
im Kuhha-je Kuhpaye Gebirge durch fruchtbare Täler in die gigantische Ebene
der Dasht-e Lut, der Wüste Lut. Dieses Gebiet gilt als das heißeste und
lebensfeindlichste der Erde, über 70°C sollen hier gemessen worden sein.
Nach etwa 30km in der Wüste erreichten wir eine bizarre Gesteinsformation,
eine sogenannte Kaloute, eine atemberaubend schöne Landschaft, die zum
Entdecken einlädt. In Grenzen, denn es herrschten hier am Rand der Lut und
Mitte Oktober natürlich keine 70°C, Einheimische würden die Witterung wohl
eher als kühl bezeichnen, aber uns hat es gereicht, die Sonne brennt
gnadenlos.
Der hier erreichte Punkt stellt auch den östlichsten unserer Tour dar, von
hier sind es noch etwa 300km bis Afghanistan und Pakistan. Damit haben wir
uns dieser derzeit leider "unmöglichen Zone" nun von Westen und im letzten
Jahr von Osten (am 28. Oktober in Jaisalmer/Rajasthan) so weit wie uns
möglich genähert. Hoffentlich können wir diese Lücke noch schließen, wenn
ich ehrlich bin glaube ich aber nicht daran.
Auf dem Rückweg sahen wir uns noch das Dorf Deb Seyf an und kehrten auf
einen Tee ein, dann hielten wir zum Mittagessen in Shahdad. Die nette Dame
mit ihrem winzigen "Restaurant" kocht Hausmannskost, war aber bereits
ausverkauft, daher eilte sie schleunigst mit dem Auto zum Lebensmittelladen
und kochte anschließend für uns ein wunderbares Tomaten-Rührei. Dazu gab es
hervorragenden Dugh (gesprochen "Durrrr"), zwar industriell hergestellten
aus der Plastikflasche und nicht hausgemacht wie am gestrigen Abend aber
herrlich sauer, leicht moussierend spritzig und mit einem dezenten aber
langen Abgang nach Ziege. Nebenbei bemerkt ein wunderbarer Umstand, dass man
in Iran anscheinend alles überall bedenkenlos essen und trinken kann,
Hygiene, Kühlkette und Wasserqualität sind über jeden Zweifel erhaben.
Gemüse waschen am Picknickplatz, kein Problem, Milchprodukte und
Kleinstrestaurant-Essen im Dorf, alles bestens. Der Imbiss endete mit
etlichen Abschiedsfotos der Wirtin mit unseren Damen, Touristen kehren hier
wohl nicht häufig ein, da die Infrastruktur für größere Gruppen in
Reisebussen zum einen nicht ausreichen und den Ansprüchen der Klientel wohl
auch kaum genügen würde.
Anschließend fuhren wir nach Kerman und besuchten gleich den Bazar, der uns
wieder total begeistert hat. Man bummelt völlig entspannt ohne von den
Verkäufern angesprochen zu werden, sieht sich hier und da etwas an,
probiert, kauft etwas oder auch nicht. Angesprochen wurden wir von den
anderen Besuchern, mal sehr selbstsicher wie von den Mädels des roten
Halbmondes, mal ein schüchtern im Vorbeigehen herausgeseufztes "welcome to
Iran" aus einer Gruppe junger Damen, dann wieder ein forsches "hello" von
ein paar Jungs oder Kindern. In unsere große Souvenirtasche wanderten heute
ein hübsches Küchenmesser aus Kerman, nocheinmal Safran, duftender Kümmel,
eine süße Gewürzmischung für Milch und 2kg beste, süße Datteln (je weiter
südlich im Land desto besser die Datteln).
Ach, Datteln. Ja, das Belohnungssystem des Menschen funktioniert ja so
einfach. Manche haben zwar das Glück es durch Sport, Meditieren oder das
Rezitieren von Gedichten ansprechen zu können. Oder durch Musik, das
funktioniert bei uns ja auch etwas. Aber eben nur etwas, viel besser
funktionieren bei den meisten Menschen Fett, Zucker, Nikotin und Alkohol.
Was soll ich sagen, auf der Klaus-Reise nach Algerien haben wir noch
geraucht, das war zum Tee das abendliche Leckerli in Ermangelung eines
schönen Glases Wein. Auf der Marokko-Reise wurde ich dann Snickers-süchtig
und es hat echt lange gedauert davon loszukommen. Dieses Mal sind es Datteln.
Eine wunderschöne Dreingabe zum Bazar war dann übrigens der ebenfalls direkt
am Maidan (im Persischen Meydan) liegende Hammam, den man anscheinend nicht
oft besichtigen kann, obwohl er ein famos ausgestattetes Museum ist, das
alle Aspekte dieser für Hygiene, Wohlbefinden aber auch soziale Strukturen
wichtigen Errungenschaft erklärt. Am besten gefallen hat mir der "VIP-Raum"
mit einem Zeitstein, einer Alabasta-Platte an der Wand, die von hinten von
einem Lichtstrahl getroffen wird. Dieser wandernde Lichtpunkt gibt die
Verweildauer im Hammam an.
Nach Einbruch der Dunkelheit war es an der Zeit unser Hotel zu beziehen,
unter der Dusche den Staub der heißesten Wüste der Erde abzuspülen und dann
ein wieder fantastisches Essen zu genießen: Gemüsesuppe, Salat, schmackhafte
Kartoffel-Tortilla (heißt Kuku, Schreibweise unbekannt), Hähnchenspieß,
butterzartes Lammgeschmortes mit Pilzen, Tomate und Sauce sowie Hühnchen mit
Quitten und leicht sauren Pflaumen in Sauce. So kocht Iran und wir genießen
es wie jeden Tag dieser herrlichen Reise in diesem wunderbaren Land!