Iran 2017 Tagebuch - 20. Oktober
Heute stand nun also Yazd auf dem Programm, die Perle der Wüste und
vermutlich eine der ältesten Städte der Erde. Wir begannen in der Kühle des
Vormittags im Randbezirk der Stadt mit den Türmen des Schweigens, die den
Zoroastriern zum Aufbahren der Toten gedient haben. Auf den Türmen wurden
die Körper dann von den Vögeln verspeist, so wurde keines der vier
Urelemente (Feuer, Wasser, Erde und Luft) verunreinigt. Seit der Revolution
ist diese Praxis verboten und die wenigen verbliebenen Anhänger dieser
Religion bestatten ihre Toten in Betonsärgen, um eine Kontamination des
Erdreichs zu verhindern.
Wieder in der Innenstadt sahen wir uns einen recht neuen, vor ca. 80 Jahre
erbauten Feuertempel der Zoroastrier an, in dem ein über 1500 Jahre altes
"ewiges" Feuer brennt. Hooman erklärte uns die Symbolik des Fravahar, des
zoroastrischen Zeichens, sowie weitere Details dieser alten Religion. Teile
davon kommen uns sehr bekannt vor, so finden sich die drei Grundsätze "gutes
Denken", "gutes Handeln" und "gute Rede" auch im achtgliedrigen edlen
Buddha-Pfad.
Auf dem Maidan vor der wunderschönen Hossein-Gedenkstätte (für diese Art
Bauwerk gibt es einen eigenen Namen, der in etwa klingt wie "Hosseinee", den
ich aber in den unendlichen Weiten des Internets einfach nicht finde) mit
Bazar und kleinen Cafés gab es dann einen schönen Espresso (mit Schokolade),
hier blinken vor historischer Kulisse die "italian icecream", "cafe
americano" und "free wifi" Laufschriften um die Wette.
Anschließend besuchten wir das sehr sehenswerte Wassermuseum, in dem anhand
von Modellen und Exponaten alles Wissenswerte über die Technik der Qanat
(gesprochen "Rrrrranat") erklärt wird. Schon das Gebäude an sich, eine
herrliche, traditionelle Villa einer reichen Kaufmannsfamilie, ist
sehenswert.
Nach dem Mittagsessen (einige Kebabs mit Brot, Zwiebeln und Joghurt) sahen
wir uns die wunderschöne Freitags- oder Gemeinschaftsmoschee (Jame Moschee)
an, die mit ihren prächtigen Kacheln beeindruckt. Auch die Moschee ist an
das Wasserkanalnetz angeschlossen, den Zarch Qanat, der erstaunliche 90km
lang ist und 2100 Entnahmestellen aufweist. Der Beginn des Baus liegt
immerhin 4000 Jahre zurück, eine technische Meisterleistung. Die Moschee
verfügt auch über einen Souvenirshop mit schönen Büchern und uns lief eine
wunderbar illustrierte, mehrsprachige Ausgabe von Khayam über den Weg.
Khayam war übrigens ein Dichter, der Überlieferung zufolge auch manchmal ein
dichter Dichter aber Dichtung und Wahrheit sind ja immer so eine Sache.
Nach einer Verschnauf- und Duschpause im Hotel, nun erneut sensibilisiert
für das kostbare Gut Wasser, brachen wir zu einem Spätnachmittagsspaziergang
auf und ließen die Stadt erneut auf und wirken.
Anschließend fuhren wir zum Essen in ein ausgesprochen nett eingerichtetes
Restaurant, in dem man auf Steegen über einer kleinen Wasserfläche sitzt,
auf der ein künstlicher Regen niedergeht, ein Schauspiel und Geräusch, das
in Yazd vermutlich andere Assoziationen und Gefühlsregungen auslöst als in
Deutschland. Gereicht wurde dann Suppe, Salat, gebratene Aubergine und
Zucchini, Gemüse-Kräuter mit Bohnen, Kebabs, geröstete Tomaten, Blumenkohl,
Karotten sowie Fish and Chips (frittierter Fisch und Pommes). Und davon
reichlich. Eigentlich mehr als reichlich. Und Wassermelone. Und Kaffee und
Tee. Und Schluss.