Iran 2017 Tagebuch - 19. Oktober
Hui, das war ein langer Tag, schon 22:30Uhr und noch kein Wort geschrieben.
Unsere erste Etappe des Tages führte uns weiter nach Süden in die Stadt
Naein, dort sahen wir uns die Naein Jame Moschee aus dem 8. Jahrhundert an,
also eine der ältesten Moscheen Irans. Besonders beeindruckt haben uns der
schöne Menbar (Minbar, also die "Kanzel"), eine Entnahmestelle von
fließendem Wasser sowie ein weitläufiger Sharestan, in diesem Fall ein
Gewölbe unterhalb der Moschee, das als Versammlungs- und Gebetsraum bei
sommerlicher Hitze genutzt wurde. Die Dome dieses Gewölbes sind mit
Alabastaplatten abgedeckt um Lichteinfall zu ermöglichen.
Übrigens ist wie immer in Ländern mit anderer Schrift als der unseren die
Schreibweise aller Orts- und Eigennamen Verhandlungssache und nicht
eindeutig.
Nach der Besichtigung schritten wir dann gleich zum Picknick, das Hassan
heute mit frischen Kräutern erweitert hat, gesund, delikat und nahrhaft!
In Ardakan, einer Stadt mit viel Stahl-, Fliesen- und Glasindustrie stoppten
wir auf einen erstklassigen Espresso (mit Schokolade), wenige Kilometer
danach erreichten wir unser nächstes Etappenziel Meybad. Hier erwartete uns
eine imposante und wunderschöne Citadelle aus sassanidischer Zeit (d.h. die
Gründung ist etwa 1600 bis 1700 Jahre alt), deren Fundamente evtl. aber noch
sehr viel älter sind. Die Citadelle wurde soweit instandgesetzt, dass man
auf das Dach gehen und den Ausblick auf die Stadt genießen kann, allerdings
wurden bei weitem nicht alle der einst sieben Stockwerke wieder aufgebaut.
Die Bauwerke, über die wir hier reden, bestehen übrigens aus getrockneten
Ziegeln, die mit Lehm und Stroh "verputzt" sind und etwa alle zwei Jahre
renoviert werden müssen. Es versteht sich daher von selbst, dass nichts von
alledem tatsächlich mehrere Tausend Jahre überdauert hat sondern ständiger
Erneuerung und Veränderung unterlag.
Nahe der Citadelle sahen wir uns noch eine Poststation aus Achämenidischer
Zeit an, also rund 2400 Jahre alt, sowie den damaligen Stadtkern der
safavidischen Dynastie (ca. 16.-18. Jahrhundert). Verwirrend? Wir lernen
auch noch, aber es wird, Hoomans Programm ist didaktisch geschickt
aufgebaut, es gibt zum richtigen Zeitpunkt Wiederholungen und kleine
Testate. Es sind aber auch immer wieder Rückschläge zu verzeichnen, so sehe
ich gerade in meinem Notizbuch die Taten der Dynastie der Sachaniden, die
ich im Reiseführer nicht entdecken kann. Vermutlich haben diese lediglich
die Sachertorte erfunden oder entspringen gänzlich meiner Fantasie. Ganz
sicher auch von den Safaviden stammt aber das Eishaus, in dem im Winter
geerntetes Eis gelagert wurde, sowie die Karawanserei selber.
Praktischerweise liegt neben dem Eishaus auch gleich ein Eisverkauf, der
auch Hamburger und vermutlich die allgegenwärtige Pizza feilbietet. Wir
verschmähten allerdings diese modernen Errungenschaften und labten uns an
frischem Granatapfelsaft, den dieses Mal wir bezahlen mussten, da Ratri
gestern die zweite Partie Backgammon gegen Hooman knapp verloren hatte. Bei
Sonnenuntergang setzen wir unsere Reise fort und kamen etwa eine Stunde
später in Yazd an, dem ehemaligen Zentrum des Zoroastrismus, den wir morgen
ausführlich kennenlernen werden.
Der Abend endete mit einem Bummel durch das sehr hübsche, lebendige und
touristisch außerordentlich gut erschlossene Yazd und einem ganz besonderen
und hervorragenden Abendessen, denn wir konnten gleich zwei Punkte auf der
"unbedingt essen"-Liste erfüllen: Aubergine-Ei-Knoblauch-Paste (Name fällt
mir gerade nicht ein, irgendetwas mit "M") als Vorspeise und Abgusht bzw. in
der heute gereichten Form Disi als Hauptspeise, ein schmackhafter Eintopf
mit unter vielem anderen Fleisch und Kichererbsen, wobei beim Servieren aus
den heißen Steinzylindern die Brühe zunächst abgegossen und dann mit
getrocknetem Fladenbrot versetzt wird, das Fleisch wird zu einem Brei
gestampft und gesondert gereicht.
Satt, zufrieden und müde traten wir den Heimweg in unser Hotel in einem
traditionellen, historischen Wohnhaus im Herzen der Altstadt an und begaben
uns auf unsere Zimmer, die um einen heute als Restaurant genutzten Innenhof
liegen.
Und nun ist es 23:20Uhr und ich sage "gute Nacht".