Iran 2017 Tagebuch - 16. Oktober

So, nun hat Hooman einen Blick auf den Blog geworfen und prompt seinen Namen korrigiert, den hatte unser Veranstalter wohl falsch geschrieben.

Also nochmal: Hooman hatte gestern gesagt wir hätten heute 340km vor uns, davon die Hälfte auf Schotterstraße. Ich hatte schon gespürt, dass das ein Witz war.

Warum vergleichen wir eigentlich ständig Iran mit Indien? Weil wir in den letzten Jahren so oft da waren? Weil beides mit I anfängt? Weil beides weit weg im Osten liegt? Weil wir außer in Indien kaum Kontakt zur islamischen Kultur hatten? Wir waren in den vergangenen zwei Jahren aber auch in Italien, Kroatien, Slowenien, den Niederlanden, USA und Kanada. Und wenn ich diese Liste durchgehe muss ich sagen bis jetzt fühlt sich Iran am ehesten an wie diese Länder aber bestimmt nicht wie Indien.

Wir fuhren heute also auf dem durchgehend vierstreifigen, baustellenfreien und topfebenen Expressway nach Osten, und zwar mit etwa 120km/h, weil das eben die erlaubte Höchstgeschwindigkeit ist und Radarkontrollen und Kameras keine Fremdwörter sind. Natürlich gibt es auch Rasthöfe und nette Picknick-Areale, wie wir sie aus Frankreich kennen, und die Ausschilderung ist durchweg in arabischen und englischen Schriftzeichen. Haha, Fettnapf, die sprechen und schreiben doch Persisch! Stimmt, aber die persische Schrift bedient sich der arabischen Schriftzeichen.

Ich warf also das eine oder andere mit etwas Schamesröte im Gesicht in meinen lila Eimer und freute mich auf Semnan, das wir gegen Mittag erreichten. Dort angekommen stürmten wir in das im Schließen begriffenen Museum, das nur aufgrund eines vorherigen Telefonats auf uns gewartet hatte, und traten in einen alten, umgebauten Hammam. Dieser Hammam war dann auch das, was wir uns ansehen sollten und konnten, denn seine Funktion als Museum hat er aufgrund von Umbauarbeiten eingebüßt, die Fundstücke aus Tepe Hissar wurden samt und sonders ausgelagert. Zum Glück bis auf den Höhepunkt der Sammlung, ein nahe Semnan gefundenes, archäologisch sehr wichtiges Skelettt einer jungen Frau, die vor etwa 4000 Jahren bei der Geburt ihres Kindes gestorben ist und mit diesem nach den Riten des Mitras-Kultes beerdigt wurde.

Anschließend war noch etwas Zeit für die Freitagsmoschee aus dem 13. Jahrhundert und den Maidan, den zentralen Platz des kleinen Städtchens, dann fuhren wir weiter auf der alten Seidenstraße gen Osten und hielten an einem schattigen Parkplatz zum Mittagessen. Hassan hatte Fladenbrot, Frischkäse, sonnig reife Tomaten, Gurken, Walnüsse und zuckersüße Datteln gekauft - was für ein Picknick am Expressway im Alborz-Gebirge!

Nach der Überquerung eines fast 2000m hohen Passes verlief unsere Route an aufgegebenen Karawansereien entlang nach Damghan, unserem heutigen Etappenziel. Zunächst besuchten wir die beeindruckende alte Moschee des Ortes, die aus dem 9. Jahrhundert datiert und damit die älteste des Landes ist. Der Erhaltungszustand des Ziegel-Lehm-Baus ist erstaunlich, natürlich wird sie schon lange nicht mehr genutzt aber die Geschichte ist hier für uns zum Greifen nah.

Anschließend bezogen wir unsere gemütlichen Zimmer im Tourist Hotel und trafen uns nach einer Dusche zum Bazarspaziergang mit Hassan und Hooman. Es ist wirklich sehr nett, dass auch Hassan immer dabei und damit Teil der Reisegruppe ist, und nicht wie die Fahrer der letzten Urlaube in ein Fahrerquartier verschwindet.

Der Bazar von Damghan hat uns dann außerordentlich gut gefallen, klein, ruhig, wie bisher ganz Iran blitzsauber und voll mit einer großen Auswahl verlockender Früchte, Nüsse und Gewürze. Kein Wunder, Damghan ist die Pistazien-Stadt, daher gibt es diese in vielen Variationen, frisch, geröstet, geröstet und gesalzen, mit Safran, Sumach oder sonstwas gewürzt. Neben Pistazien wanderten noch getrocknete Limetten ins Reisegepäck, wir arbeiten bereits an den Mitbringseln.

Natürlich blieb unser Besuch bei der Bevölkerung Damghans nicht unbemerkt, die jungen Leute haben uns einige Male angesprochen, ihr Englisch ausprobiert oder einfach hallo gesagt. Eine Gruppe etwas aufgeregter junger Damen verfolgte uns dann nach einem ersten Annäherungsversuch so lange, bis sie schließlich über Hassan um ein Foto gebeten haben. So macht Völkerverständigung doch Spaß und man kann wieder dies und das in den lila Eimer werfen. Mich würde auch brennend interessieren welche sozialen Medien wir heute Abend erobern und wie oft wir geliked werden.

Gruppenbild mit Damen in Damghan

Unser Abendessen haben wir dann im Hotel eingenommen, ordentliche Kebabs, Forellen und Hühnchen. Anschließend besorgten wir noch schnell ein Kabel zum Verbinden unserer Kamera, da wir unseres zuhause vergessen haben, und wie es der Zufall so wollte liegt doch neben dem Elektronik-Laden einer der vielen Eisverkäufer, die 20 oder mehr Sorten leckerstes, teils exotisches Eis anbieten. Honig-Walnuss, Nuss-Mix oder dunkle Schokolade war eine eher konservative Wahl aber sehr empfehlenswert!

Morgen geht es dann durch die Wüste nach Süden, und das nicht auf einem Expressway. Schotter? Wir werden sehen...

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