4. Februar

Wie nahe Glück und Pech beieinander liegen haben wir heute Morgen erfahren. Bei den Nachmittagssafaris fährt man bevorzugt die Wasserstellen im Park an und beobachtet, ob eine durstige Raubkatze zum Trinken geht. An einer der Stellen, die wir gestern besucht haben, wurde keine 5min nach unserer Weiterfahrt ein Tiger gesichtet.

Heute morgen setzten Frau Müller und wir uns, wieder mit Chinmay alleine im Jeep, erneut rechtzeitig in Bewegung und waren wie gestern als erste am Tor. Allerdings veranstaltete eine nach uns angekommene Dame so einen Zirkus, da sie von der Pole Position in den Park einfahren wollte, dass ihr verzweifelter Fahrer uns bat sie vorzulassen, was natürlich kein Problem darstellte. Etwa 50m nach der Schranke trennten sich unsere Wege, ihr Auto fuhr nach rechts, wir nach links.

Pench Safari Group

Die ersten "alarm calls" ließen dann auch nicht lange auf sich warten und wir kreisten sehr systematisch ein kleinräumiges Gebiet ein, unser heutiger Parkangestellter Banvari war im Vergleich zu seinem smartphonesüchtigen Kollegen gestern eine echte Bereicherung und arbeitete gut mit Chinmay zusammen. Die Rufe der Affen wurden lauter und heller, ein Zeichen für Panik und die resultiert aus der Anwesenheit eines Leoparden, denn diese klettern auch auf Bäume und machen Jagd auf Affen. Die Szene war an Dramatik kaum noch zu überbieten, die Rufe der Tiere, Rascheln, knisternde Spannung, im Wortsinn atemberaubend, man vergisst tatsächlich Luft zu holen, hat die Kamera im Anschlag und der Rekorder läuft. Wiederholt wechselten wir die Position in Richtung der vermuteten Quelle.



Unsere Blicke erfassten jeden Quadratzentimeter des Jungles und dann hörten wir das "wrrrroaaarrrr" des Leoparden, geschätzt keine 50m vor uns in einer kleinen Senke, leider lief der Rekorder in diesem Moment nicht. Gebannt schauten vier menschliche Augenpaare in das Dickicht des Pench Nationalparks und dann, ganz plötzlich...

Schalten sie auch morgen wieder ein wenn es heißt "The Call of The Wild - Ich sehe was was Du nicht siehst". Abspann. Werbung.

Wir sahen nichts, die Warnrufe verstummten, möglicherweise hatte der Leopard Beute gemacht und die Dramatik zu einem letzten Höhepunkt geführt, danach kehrte Ruhe ein. Was für ein Erlebnis, das unserer kleinen Gruppe ganz alleine zuteil wurde, vollgepumpt mit Adrenalin setzen wir unsere Suche fort.

Noch besser als jede systematische Beobachtung der Natur funktioniert allerdings eine systematische Beobachtung der anderen Fahrzeuge. Erhöhte Geschwindigkeit, gestikulierende Insassen, eine größere Ansammlung von Autos mit einer klaren Ausrichtung der teils gigantischen Teleobjektive kann nur eines bedeuten. Ebenfalls wissenschaftlich bewiesen ist eine Korrelation der Sichtung großer Raubkatzen mit dem Füllstand der Blase des Sichtenden. Also Vollgas, alle Augen backbord und tatsächlich, heute war der Tag, an dem es passieren sollte, ein stattlicher, wunderschöner, prächtiger, noch recht junger männlicher Tiger lag etwa 200m von uns im Unterholz, ließ sich nach unserer Ankunft noch 5min auf die Fotosession ein und verschwand dann hinter den Teak-Bäumen Penchs.

Pench male tiger

Unmittelbar nachdem der König des Jungles in ebendiesem verschwunden war traf der Wagen der ersten Dame im Park ein. Nun ist der Reporter ob seiner journalistischen  Objektivität selbstverständlich frei von niederen Instinkten und Gefühlsregungen wie Schadenfreude aber ich muss der Vollständigkeit halber protokollieren, dass dies nicht für jeden gilt und die zeitliche Abfolge der genannten Ereignisse bei Fahrern und Naturalisten gleichermaßen für Heiterkeit gesorgt hat.

Am Nachmittag genossen wir in aller gegebenen Entspannung die uns noch unbekannten Teile des Parks im Süden, eine eher grasbewachsene, offene Landschaft zu den backwaters im Bundesstaat Maharashtra. Auf dem Rückweg konnten wir tatsächlich unseren Tiger nocheinmal kurz beobachten, während allerdings die Morgensafari eher von den Profifotografen und Enthusiasten gebucht wird ist am Sonntagnachmittag Familienausflug an der Reihe. Und so rufen, jauchzen und klatschen die Teilneher bei der Tigersichtung, die Jüngsten schreien begeistert oder plärren, weil sie nichts sehen, andere schreien, damit die Schreier ihre Klappe halten, jedes Auto versucht sich in Position zu drängeln und da das alles auf keine Tigerhaut geht tigert der König in den Jungle und wart nicht mehr gesehen.

Und wir tigern jetzt zum "very special dinner" und feiern den Tiger!

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