07.11. 2016
Der Transport zum Flughafen verlief reibungslos und auch im weiteren
Verlauf war alles völlig entspannt. Bemerkenswert freundliches
Personal, ein sehr zügiger Checkin und erstmals mussten wir bei einem
Inlandsflug die Koffer vor dem Aufgeben nicht röntgen lassen, lediglich für
"Hunde, Waffen und zerbrechliches Gepäck" wurde dieses gefordert. Auch
ist Mumbai nun ein "ansagefreier Flughafen", das heißt es fehlen die
ständigen Sicherheitsdurchsagen ebenso wie die Aufforderung sich zum
Flugsteig zu begeben oder das Ausrufen verspäteter Passagiere.
Beziehungsweise es fehlt natürlich nicht, die Ruhe ist extrem angenehm
wie der ganze Flughafen.
Lustig war der Kontrast der riesengroßen Samsung Galaxy-Werbetafeln mit
der Botschaft "re-think what a phone can do" zu der Anordnung am
Sicherheitscheck, die S7 Notes doch bitte unbedingt auszuschalten. Ihr
wisst schon, das sind die smarten Phones mit der innovativen
Lagerfeuer-App, die in den Fußballstadien zu traurigen Berühmtheit
gelangten Bengalos werden wohl bald in Koreanos umbenannt werden
müssen. Ebenfalls bemerkenswert und sich unserer
Vorstellungskraft völlig entziehend waren die im Terminal präsentierten
Waschmaschinen, die mit "India's first unisex washing machine"
beworben wurden. Was mag davor gewesen sein, gab es nur spezialisierte
Waschmaschinen für Männer- und Frauenkleidung? Oder handelt es sich um
die erste Waschmaschine, die auch von indischen Männern verstanden und
bedient werden kann? Wir werden es vermutlich nie erfahren.
Nach etwas mehr als einer halben Stunde Flug landeten wir in Indore und
wurden schon erwartet. Es tut gut wieder in Madhya Pradesh zu sein, die
weite, dünn besiedelte Landschaft, die gute Luft - nach dem wir uns
Anfang des Jahres hier schon so wohl gefühlt haben wird MP zunehmend zu
unserem Lieblingsbundesstaat. Mittagessen gab es im Radisson Indore,
dann fuhren wir ca. 2 Stunden bis Maheshwar. Auf einem
Streckenabschnitt mit Gefälle war ein LKW verunglückt, den Wracks nach
zu urteilen nicht der erste, und daher kam es zu einem ziemlichen
Durcheinander. Da eine der zwei entgegenkommenden Spuren des Highways blockiert war
wichen die ungeduldigen Fahrzeugführer auf die Gegenspuren, also unsere Fahrtrichtung aus. Durch diese Verstopfung
wechselten die Fahrzeuge der eigentlich freien Spuren ebenfalls die
Seite und somit war der Fluss bis zur Unfallstelle auf Rechtsverkehr
umgestellt. Dort mussten dann alle wieder die Seite Wechseln, und zwar
über den Mittelstreifen mit Bordsteinen und Büschen. An einem
Bahnübergang hatten wir schon Ähnliches erlebt, auf beiden Seiten der
Gleise drängelten sich Fahrzeuge auf jeweils beide Spuren um einige
Meter gutzumachen. Als sich die Schranken öffneten standen sich die
zweispurigen Kolonnen gegenüber wie Football-Mannschaften und das
lautstarke und gestenreiche Entflechten dauerte Minuten.
Ich weiß, wir Deutschen lieben Gesetze und Verodnungen, folgen in
vorauseilendem Gehorsam Befehlen, sind humorlos, stehen nachts um 2Uhr
an einer unbefahrenen Straße an einer roten Ampel und so weiter. Aber
die Nichtakzeptanz einfachster Regeln und die egoistische Tendenz für
10m Vorsprung das totale Verkehrschaos inkauf zu nehmen, diese
allgemeine, teils rücksichtslose Robustheit, nicht nur im
Straßenverkehr, verzögert mit Sicherheit die Entwicklung von
funktionierenden Strukturen in der indischen Gesellschaft.
Und nun sitzen wir in Ahilya Fort über dem heiligen Fluss Narmadar und
sind verzaubert. Mehr morgen, mir fehlen ein wenig die Worte zu
beschreiben, was wir hier vorgefunden haben.