31.10. 2016

Die Nacht war etwas laut, Happy Diwali! Was bei uns an Silvester mehr oder weniger auf die 30min nach Mitternacht beschränkt ist beginnt hier mit dem Sonnenuntergang und endet erst Tage später. Zwar wurde es im Laufe der Nacht etwas ruhiger aber noch beim Aufstehen hörte man überall in der Stadt Böllerschüsse. Dabei ist zu beachten, dass hiesige Pyrotechnik weder CE-Siegel trägt noch vom TÜV-Süd geprüft wurde und das europäische Feuerwerk in den akustischen Schatten stellt.

Nach dem Frühstück sahen wir uns mit unserem hiesigen Führer Ravi zunächst das Mehrangarh, das Fort der Sonne an. Das riesige Bauwerk aus dem 15. Jahrhundert thront uneinnehmbar auf einem Felsen und beeindruckt durch die schiere Größe aber auch die Pracht. Heute erklimmt man den Eingang bequem mit einem Fahrstuhl und sieht sich dann die herrlichen Gemälde, die verschiedenen Zimmer wie das Phool Mahal (Blumenpalast) oder Moti Mahal (Perlenraum) und natürlich die Rüstkammer mit Prunkschwertern an.

Vom Fort hat man auch einen wunderbaren Ausblick über die Stadt und das alte Viertel, dem Jodhpur aufgrund der blau gestrichenen Häuser den Beinamen "blaue Stadt" zu verdanken hat. Heute kam noch, Happy Diwali, ein nicht unerheblicher blauer Dunst hinzu, den die Raketen und Böller verursacht haben.

Zweiter Programmpunkt war Jaswant Thada, das Krematorium der Mahajaras mit einer im indoislamischen Stil erbauten Gedenkhalle und vielen kleinen Pagoden, in denen die Asche der Herrscher ruht. Da hier in der blauen Stadt nur Platz für die Asche blaublütiger Menschen ist, allenfalls noch für die des blauen Klaus', wurden entsprechende Maßnahmen ergriffen um die Todesfälle unter den Normalsterblichen in Grenzen zu halten:

Jaswant Thada

Damit war unser offizielles Programm auch schon beendet und wir fuhren nach kurzer Rast wieder in die Stadt, wo wir unweit des Uhrenturms im Restaurant Nirvana hervorragend zu Mittag aßen. Wir waren gestern abend bereits dort und haben uns, da ein Tempel zum Hotel-Restaurant gehört, das Arti ("Gottesdienst") angesehen. Die Atmosphäre im Haus ist persönlich und herzlich, auch ein Zimmer wurde uns noch gezeigt und man kann das Nirvana wirklich empfehlen, eine gelungene Abwechselung zu den perfekten Hotels für Kreaturen, denen Dukaten aus dem Maul fallen, wenn man nur zart am Schweif wackelt. In diesem Sinne musste ich dann auf dem Rückweg auch noch dringend in den Getränkeladen. Wenn ich bis jetzt vom KFI geschrieben habe war das immer nur der Speisekartenpreis geteilt durch Volumen, real werden noch verschiedene Steuern und in den Luxusherbergen auch gerne mal bis zu 10% automatisches Trinkgeld (service charge) addiert. Netto liegt der KFI im Ajit Bhawan damit bei 1,25, im freundlichen Getränkeladen um die Ecke spart man annähernd 90% oder anders: KFI=0,15

Die Innenstadt von Jodhpur, aber auch die Außenbezirke, durch die wir gestern in die Stadt gefahren sind, gehören leider zu den dreckigsten Orten, die wir in Indien bis jetzt gesehen haben. Berge von Müll stapeln sich in den Straßen, brennen oder schwelen vor sich hin. Es mag sein, dass die Feiern zu Diwali ein Grund für diesen Zustand sind, aber die großflächige Verteilung von Plastik scheint mir in keinem logischen Zusammenhang zu stehen. Viele Inder sagen, wenn wir erzählen, dass wir aus Deutschland kommen, sofort "oh, Germany, everything so clean". Allerdings räumt bei uns den Müll ja auch nicht der Gabeljürje oder Shiva mit dem Dreizack weg, das muss die Gesellschaft schon selber hinbekommen. Winnie, den Rajesh übrigens Viney schreibt, sagte uns seine Landsleute seien schon sehr auf Reinlichkeit bedacht, allerdings endet ihre Zuständigkeit an der Schwelle des Hauses.

Wie die erfahrene Leserin und der erfahrene Leser vielleicht bemerken ist jetzt nach zwei Wochen wieder dieser Punkt erreicht, an dem der Reporter denkt "Es gibt in jedem Indien-Urlaub zwei schönste Momente, das Ankommen und das Wegfahren". Aber bekanntlich kommen Gedanken und gehen auch wieder.

Den Rest des Tages werden wir herrlich kühles Kingfisher schlürfen, zu Abend essen und heute Nacht hoffentlich etwas besser schlafen als in der Letzten.


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