20.10. 2016
Familientag II verlief nicht komplett wie angekündigt, und das lag an
einem diplomatischen faux pas unsererseits. Wenn zum Beispiel in
Italien ein Arbeitskollege zum Abendessen einlädt und der Deutsche sagt
sofort "super Idee, wann geht's los?" wird er seinen vermeintlichen
Gastgeber in eine hochnotpeinliche Situation stürzen. Da Tripti sich
momentan nicht wohl fühlt hatte uns Totun angeboten in der Mittagspause
für uns zu kochen, eine Einladung, die aus Gründen des Anstandes und
der Höflichkeit ausgesprochen werden musste. Und wir sagen "prima,
danke, bis morgen", wohl wissend, dass er nicht in einer Position
arbeitet, die es ihm erlaubt den Arbeitsplatz zur Bewirtung von
Familienmitgliedern stundenlang zu verlassen und Urlaub hat er einfach
keinen (nur Samstage, Sonntage und Feiertage frei, was schon recht
sozial ist).
Also war es allen unangenehm, den einen, weil sie die Einladung nicht
bedienen konnten, den anderen, weil sie nun für uns kochen "mussten"
(was sie natürlich gerne tun aber es mangelte abgeblich an allem,
Planung, Aufwand und Menge der dargebotenen Speisen) und natürlich uns,
die wir diese Situation durch interkulturelle Inkompetenz herbeigeführt
hatten. Und - kein Witz - was stand heute in meinem Horoskop in der
Times of India? "Be realistic". Das Essen war natürlich trotzdem eine
wohlschmeckende Pracht und erstmals in der Menge total vernünftig und
angemessen.
Nachdem wir uns verabschiedet hatten bekam ich bei Hobner's Music auf
dem Weg zur Metro wieder einmal große Augen und Ohren, da gerade eine
halbakustische Gitarre angespielt wurde und herrliche bluesige Töne aus
der kleinen Manufaktur drangen. Eines schönen Tages importiere ich so
ein Gerät. Von Park Street liefen wir dann noch bei Braganzas vorbei,
ebenfalls eine alteingesessene Musikerfamilie mit Zweig im Gitarrenbau.
Die dortigen Exemplare konnten mich aber bezüglich des
Preis-Leistungs-Verhältnisses nicht überzeugen.
Und nun trinken wir schon das Abschiedsbier im Fairlawn, werden gleich
unsere Rechnung begleichen und dann ins Tung Fong zum Essen gehen. Die
siebte Episode Kolkata ist zuende, um 5Uhr wird uns unser Auto zum
Flughafen bringen. Während wir noch friedlich schlummern hebt in
Frankfurt ein Dreamliner mit Geli, Heidi, Mike und Uwe ab und morgen
gegen 9Uhr sind wir alle zusammen auf Tour. Rajasthan - wir kommen!