Heute war ein völlig entspannter Tag um uns mal eine Pause zu gönnen,
wir waren nur 9 Stunden unterwges. Unsere Fahrt führte uns 50km
nördlich von Bhopal nach Sanchi zum dritten von drei Weltkulturerben in
Madhya Pradesh. Im archäologischen Park liegen etliche Stupas, die
bereits von Ashoka höchstpersönlich vor 2500 Jahren errichtet wurden,
seit dem wurden sie erweitert und vor etwa 1500 Jahren mit prächtigen
Eingangstoren versehen, die sehr gut erhaltene Fresken mit teilweise
deutlichen griechischen Einflüssen wie Pegasus, Greif, Einhorn und
Buddha mit gelocktem Haar zeigen. Unser Führer vor Ort brachte uns den
Stoff eines Semesters Einführung in den Buddhismus in ca. 1,5 Stunden
nahe und damit ihr euch vorstellen könnt was hier täglich auf uns
einprasselt hier ein kurzer Abschnitt aus Siddhartha Gautamas Leben.
Aber wen interessiert schon eine 2500 Jahre alte Ashoka-Säule wenn
plötzlich zwei Europäer (oder solte ich 1,5 Europäer schreiben?) über
das Gelände schweben? Diese Schulklasse jedenfalls nicht und den
Lehrer, Dr. Sadiq Ali Khan, mit dem wir unbedingt noch Adressen und
Telefonnummern tauschen mussten, erst recht nicht. Ich habe keine
Ahnung wozu, er spricht kein Englisch, vermutlich sind die Leute
einfach stolz auf unseren Besuch hier und darüber hinaus irgendwie
angetan von unserer exotischen Erscheinung.
Nach einem abschließenden Besuch im kleinen Museum fuhren wir zurück
nach Bhopal. Unterwegs sahen wir "gypsies" mit Kamelen die Straße
entlang ziehen, pardon, ich kenne den momentan politisch korrekten
deutschen Ausdruck nicht, also diese Menschen, nach denen bis vor
wenigen Jahren ein Schnitzel benannt war, die aber nicht Jäger oder
Wiener sind. Anschließend stoppten wir kurz und machten ein paar Bilder
der verfallenen Union Carbide (jetzt Dow Chemical) Fabrik, in der 1984
das tödliche Gas austrat. Auch heute, zwei Generationen später, ist die
Geburtenrate im armen Gebiet nördlich der Innenstadt gering und viele
Kinder werden mißgebildet geboren, da das Gift sich im Körper der
Eltern angereichert hat. Das Gelände ist nach wie vor verseucht, es
finden illegale Führungen statt und eine Sanierung ist auch nach 32
Jahren nicht in Sicht.
Die zweite Tageshälfte gehörte Bhopal. Wir schlenderten durch die
Stadt, deren Erscheinungsbild aufgrund von 50% moslemischer Bevölkerung
durch viele Moscheen geprägt ist, die sehr offen sind und besucht
werden können. Außerdem genossen wir den riesigen Straßenbasar, der im
Gegensatz zu vielen anderen Städten völlig unaufdringlich ist, niemand
versuchte uns zu einem Stand zu locken oder redete auf uns ein. Am
besten haben uns natürlich die Lebensmittel gefallen, vor allem die
Gewürze, aber auch unseren Rohrzucker fanden wir hier als Ware wieder
und konnten ihn verkosten. Insgesamt machten Bhopal und seine Bewohner
einen sehr netten Eindruck auf uns und es ist schade, dass sich nicht
mehr Besucher für die Hauptstadt von Madhya Pradesh interessieren. Wie
wenig touristisch es hier ist sieht man daran, dass selbst in unserer
Luxusherberge nur die Führungskräfte Englisch sprechen, bei den
Kellnern klappt das schon nicht mehr.
Nach einem Stopp an Bhopals bestem Chai-Stand, Masala Chai ist Tee mit
Gewürzen, Milch und ein ganz klein wenig Zucker, zeigte uns Mukesh noch
sein favorisiertes Museum, das sehr neue "Tribal Museum", das mit sehr
aufwändigen und detailverliebten Repliken die Lebensweise der Stämme
Madhya Pradeshs zeigt. Wie jede hochentwickelte Nation ist anscheinend
auch Indien plötzlich Stolz auf die ersten Bewohner des Landes, auch
wenn man ihnen Jahrhunderte lang übel mitgespielt hat oder das auch
heute noch tut. Das Museum war wirklich einen Besuch wert, sehr
informativ aber um 17:30Uhr eines solchen Tages zu viel für uns.
Zwischen Fünfuhrtee und Abendessen noch mal eben einen für uns komplett
neuen kulturellen Aspekt Indiens kennenzulernen war nicht machbar und so
freuen wir uns auf Kebab und Bier zum Abendessen sowie eine frühe
Nachtruhe, denn Morgen heißt es wieder um 5Uhr aufstehen und ca. 12h
reisen, über Mumbai nach Chennai und weiter mit dem Auto nach
Pondicherry.
Gute Nachrichten haben wir aus Guwahati erhalten, zum einen geht es
Rajesh und seiner Familie nach dem Erdbeben gut, dessen Zentrum in
Manipur lag und Assam anscheinend weitestgehend verschont hat. Zum
anderen hat er uns ein Formular für die Teilnahme an der Royal Enfield
Werksbesichtigung geschickt, die trotz der Beeinträchtigungen nach den
Überschwemmungen bestätigt wurde!