Wir fahren seit fünf Jahren nach Indien, sind gerade das 7. Mal in Kolkata und nun das: Kulturschock!
Jedem, der gefragt hat, habe ich erklärt, dass weder Hindus noch
Moslems noch Buddhisten Weihnachten feiern und das Fest in Indien zwar
bekannt ist aber eben nicht gefeiert wird. Gestern Abend nach einem
wunderbaren Abendessen im Fung Tong, in dem man sich über unsere
Rückkehr sehr gefreut hat, haben wir noch einen Abstecher zur Park
Street unternommen und unseren Augen nicht getraut - die ganze Straße
leuchtet, es ist "Kolkata Christmas Market". Alle Souvenirhändler und
Fressbudenbetreiber tragen rote Weihnachtsmannmützen, die Besucher
blinkende Hörner, Häschenohren oder was es eben zu kaufen gab, auch
Plastikhüte mit Glitter sind hoch im Kurs. Ein absoluter Wahnsinn!
Heute Morgen wurden wir um 9:30Uhr telefonisch daran erinnert, dass wir
zum Frühstück erscheinen mögen, denn das gibt es im Fairlawn bis
9:40Uhr und da hört der Spaß auf. Gestärkt von Omelette masala und
fried eggs sunny side up (hallo, Uwe!) liefen wir zur Metro, hatten
allerdings noch Zeit und stolperten kurz in den Supermarkt Big Bazar.
Und wieder Kulturschock! Laut und blechern beschallen uns amerikanische
Weihnachtslieder, nur kurz unterbrochen von hektischen Durchsagen und
Werbesprüchen. Bizarr!
Die Metro brachte uns nach Baghbazar und wir wurden von Dua, Pali und
Sagar herzlich empfangen. Neben den üblichen Mitbringenseln
(Kosmetikartikel und Teststreifen für das Bluzuckermessgerät) hatten
wir dieses Jahr ein Buch in bengalischer Sprache von Ratris Vater
dabei, in dem er gerne gelesen hat. Sagar freute sich außerordentlich
darüber und erklärte uns, dass es sich um das gesammelte prosaische
Werk eines Herrn Chatterjee handelt, und das dessen Novellen
außerordentlich schön seien. Ratri durfte das Buch noch als Geschenk
von Renate signieren, es ist nun in guten Händen. Das Mittagessen war
wie immer ausgezeichnet, vor allem die gebratene Aubergine, das Dahl
mit Ei und die großen Shrimps in Mohnsauce.
Bei den Gesprächen, auch später mit Ratris Tante Tripti im Stockwerk
darüber, fiel mir auf, dass Klimawandel und Umweltprobleme ein
zunehmendes Thema sind. Von Allergien durch Pestizide auf dem Gemüse
war die Rede, von vielen Kindern mit Asthma wegen der Luftverschmutzung
in Kolkata und natürlich von den verheerenden Überschwemmungen in
Chennai.
Von Sagar bekamen wir noch unser gewünschtes "indisches" Küchenmesser,
gingen auf dem Weg zur Metrostation mit ihm in Hobner's
Gitarrenwerkstatt (pardon, heute heißt das natürlich Manufaktur) und
fragten nach Preisen und Versandmöglichkeiten. Nach dem Abschied
brachte uns die Metro zurück zur Esplanade und von dort, ein Novum,
fuhren wir selbständig mit einem Bus, bzw. fast selbständig, denn
Theresa, die wir treffen wollten, hatte uns die Nummer und den Zielort
geschrieben. Schwierig genug war es trotzdem und damit Ihr alle mal ein
paar Meter mitfahren könnt hier unser erstes Tondokument der Reise,
Busfahren in Kolkata:
Nach einem netten Abendessen im C.I.T. Cafe fuhren wir, ebenfalls mit
dem Bus, zurück zum New Market, trinken jetzt noch ein Bier im Fairlawn
und werden dann diesen ersten Tag beschließen.