20.11. 2014
Im Dunst des Morgens verließen wir Hospet und fuhren zunächst am
riesigen Stahlwerk südlich der Stadt entlang, auf der Straße, die wir
auch zur Anreise benutzt hatten. LKW nach LKW quälte sich rußend und
holpernd die Straße entlang, jederzeit bereit in einer abrupten
Bewegung einem riesigen Schlagloch auszuweichen. Nach einigen
Kilometern verließen wir den National Highway und wandten uns nach
Südwesten. Diese Straße war leerer und in recht gutem Zustand,
allerdings darf man die Kreativität indischer Verkehrsplaner nie
unterschätzen. So lauerten mitten im "Nichts", ohne Sicht auf
Ansiedlungen oder sonstige Zeichen von Menschen, Zebrastreifen mit
heftigen "speed bumps", also mehrfachen, nicht unerheblich hohen
künstlichen Bodenwellen, die unser Kleinbus besser nur im Schritttempo
überfahren sollte,
Die Landschaft wurde nun zunehmend grüner und wir sahen immer mehr
Reisfelder, oft maschinell mit modernen Claas-Vollerntern
bearbeitet. Die Ernte wurde auf zahllosen LKW zu Wiegestationen
und schließlich weiter zu großen Fabriken transportiert, vorbei auch
hier der Ablauf der lokalen Nahrungskette vom Kleinerzeuger zum
Abnehmer. Mr. Johny kämpfte sich wie immer tapfer durch jeden Verkehr
und nach wie vor mit der Schwierigkeit, nicht ortskundig zu sein. Da er
aus Cochin stammt und diese Gegend lange nicht befahren hat, muss er
mangels erkennbarer Ausschilderung oft nachfragen. Das ist ja kein
Problem, nur fehlt ihm eben auch das Netzwerk von Nahrungsquellen und
guten Toiletten im Kopf, das sonst jeder Führer mitbringt. Und so
landeten wir dann heute auch am Rand eines der besagten Reisfelder, nicht
zur Nahrungsaufnahme, sondern zur indiskreten Verrichtung der Notdurft.
Ab der Kreuzung mit dem NH4 wurde die Straße wieder katastrophal
schlecht, die zunehmende Wärme tat ihr übriges und so waren wir froh
endlich in Shimoga die Mittagsrast antreten zu können. Ein "gemischter
Teller" vegetarisch mit Reis und Brot, dazu süße Leckereien und als
zweite Nachspeise eine Kugel Pistazieneis (Eis scheint total "in" zu
sein) in einem ordentlichen Restaurant mit guten Toiletten für 90Cent
pro Person - willkommen in der wirklichen Welt außerhalb der
Glitzerhotels.
Nach der Pause war es nur noch ein Katzensprung, der uns vom
Dekkan-Plateau (die zentrale Hochebene Südindiens) auf die Western
Ghats führte, die Gebirgskette am westlichen Ende des Plateaus. Bei
angenehmen Temperaturen, schließlich befinden wir uns wieder auf knapp
über 1000m MSL, bezogen wir unser Ressort, "The Gateway Hotel" in
Chikmagalur. Die Anlage besteht aus etlichen kleinen Bungalows und
Häuschen, die 2-3 Wohnungen beherbergen. Auf dem Gelände kann man
(angeblich) 40 Vogelarten beobachten und ganz in der Nähe wird Kaffee
angebaut, den man im Ressort kaufen und probieren kann. Die Vögel haben
wir nicht gezählt, viel interessanter fand ich auch die etwa 1,5m lange
Schlange mit gelbem Bauch, die die Gärtner aus dem Gebüsch zogen, als
wir gerade zum Pool gehen wollten. Das Reptil wurde schnell und fachmännisch
abtransportiert ohne das ich einen genaueren Blick darauf werfen
konnte, der Fund des Tieres scheint hier also keine Besonderheit zu sein.
Nach 20 Bahnen im Pool gönnten wir uns zum Sonnenuntergang einen
Lassi. Das ist kein intelligenter Hund sondern ein Joghurt-Getränk mit
Zucker, Salz oder Frucht, schmeckt herrlich erfrischend und kostet hier
tatsächlich 3€ pro Glas - wir sind also der wirklichen Welt einmal mehr
entkommen.