17.11. 2014
Da sind wir nun also, in Bengaluru, Hauptstadt des Staates Karnataka,
etwa 9mio Einwohner. Und hier leben sie also, diese "Computer-Inder".
Tatsächlich ist die Stadt die Hightech-Metropole Indiens. Software
Industrie, IT, Call Center, Biotech und Luftfahrt haben der Stadt einen
ihr vorauseilenden Ruf und Wohlstand gebracht. Auf uns wirkt sie
aufgeräumt und sauber, und tatsächlich reich. Schon auf dem Weg vom
Flughafen sehen wir den entstehenden Lamborghini-Laden und zahlreiche
Auto-Shops sowie natürlich einen funkelnden, festlich beleuchteten
Royal Enfield Showroom. Hier sitzen sie, die Mitglieder der Zielgruppe,
gestresste, sechs Tage die Woche hart arbeitende Dienstleistungsprofis,
die sich am Sonntag etwas gönnen wollen oder müssen.
In diese Kategorie gehört auch unser Hotel, Luxus pur für die Gewinner
der neuen Zeit. Und das hat seinen Preis, der in einem Land, in dem
viele Menschen mit 1-3€ pro Tag auskommen müssen, in etwa so ausfällt
wie in Deutschland.
Nach einem ausgiebigen und sehr guten Buffet-Abendessen sinken wir in
einen tiefen und ruhigen Schlaf, da netter Weise die Garten-Party mit
bekanntem DJ unter unserem Fenster pünktlich ein Ende findet. Hier
hatten sie sich getroffen, die Getressten der neuen Zeit, um am Sonntag
zu unfassbar lauten Techno-Rythmen mit bunten Neonstäben in den Händen
zu tanzen und zu feiern.
Auch das Frühstücksbuffet hat viel Leckeres zu bieten und wir essen uns
quer durch das Angebot, bevor es um 10Uhr mit unserem Kleinbus auf eine
Stadtrundfahrt geht. Als erstes steuern wir den botanischen Garten
"Lalbagh" an, der durchaus sehenswert ist und einen schönen Blick auf
die Innenstadt bietet. Besonders beeindruckt haben mich die etwa 25m
hohen Ficus-Bäume, deren kräpelnden Artgenossen schon zu Hauf den bei
uns zuhause herrschenden Lichtverhältnisssen und Temperaturen erlegen
sind. Aber auch die "afrikanische Tulpe" (ebenfals ein Baum) und
Tamarinde waren schön anzusehen. Natürlich ist der Winter mit für uns
angenehmen 27°C die falsche Jahreszeit für den Garten, blühen tut wenig.
Als nächstes war der Nandi-Tempel (ein Hindu-Tempel mit einer
steinernen Figur des Nandi, des Reittiers von Shiva) an der Reihe, den
wir aufgrund eines Festes aber nicht betreten konnten. Dafür gab es
viele Stände mit Erdnüssen aus der Gegend, die irgendwie mit dem Fest
in Verbindung standen ("peanut festival"). Sehr schön waren auch die
vielen Flughunde, die sich rund um den Tempel in den Bäumen räkeln.
Anschließend der Höhepunkt
des Tages, ein Sommerpalast von Sultan Tipu (den Hauptsitz in Mysore
werden wir noch sehen). Wunderbare Ornamentik in Teakholz, ein
Schmuckstück des "alten" Bengaluru. Schätze, und diese wollen wir ja
schließlich finden, dieser Familie hatten wir einst in München in der
Maharaja-Ausstellung gesehen, so schließt sich mal wieder ein kleiner
Kreis. Anschließend ging es zum Einkaufen in den Laden einer kleinen,
traditionellen Seidenfabrik (nur für Einheimische, Touristen waren da
noch nie, nur die Nigerianer, die zufällig gleichzeitig mit
uns...lassen wir das). Allerdings kam dieser Laden anders als bei
normalen Stadtrundfahrten nicht zu uns sondern wir zu ihm, soll heißen
wir haben explizit danach gefragt Seidenprodukte kaufen zu wollen und
wurden auf unseren Wunsch zum Laden gefahren. Und gelohnt hat es sich
auch, schöne Sachen hat Ratri ausgesucht, die Herrenhemden aus Seide
bleiben aber in Bengaluru.
Dann war Essenszeit und unser Stadtführer schlug ein Restaurant
vor, in
dem mit der Hand vom Bananenblatt gegessen wird, also traditionell. Es
gab Gemüse und Huhn, mäßig scharf und sehr lecker. Am Nachbartisch wird
auf Apple Powerbooks gearbeitet, also auch hier "Computer Inder". Nach
einer weiteren
Runde durch die Stadt, entlang am Parlament von Karnataka und zahllosen
anderen wichtigen und interessanten Gebäuden, die ich mir nicht alle
merken konnte, steuerten wir wieder unser Hotel an und beendeten den
Ausflug. Mr. Johny, unser Fahrer (immerhin nur Johny und nicht Angel
Baby!), wird übrigens die kompletten drei Wochen mit uns reisen. Er
kommt aus Cochin und fährt sozusagen nach Hause. Bis Madurai haben wir
zusätzlich an Tagen mit Besichtigungen Führer, ab Madurai dann einen
weiteren festen Begleiter.
Nun sitze ich im sechsten Stock am Pool und schreibe den blog. Hinter
mir stehen die Männer, die das möglich machen, etwa 10 wichtige Inder
und Europäer in teuren Anzügen, die über "global business" und "big
data" reden. Vorher waren wir im Pool schwimmen, von dort aus kann man
hinunter auf einfache Hütten aus Wellblech und Planen sehen. Über
diese Menschen weiß ich fast nichts und werde auch nichts erfahren. Eines
aber weiß ich, es sind keine "Computer Inder".
Um 18Uhr gehen wir zu einem Brauerei-Pub, den Ratri unweit des Hotels
entdeckt hat. Auf dem Weg sehen wir viele Fledermäuse, die unmittelbar
über unsere Köpfe fliegen. Im "Big Pitcher Brew Club" laben wir uns
dann an selbstgebrautem hellen und dunklem Weizen sowie Ale in kühler
Atmosphäre in roof top garden bei Techno-Musik. Für 999 Rupies gibt es
sogar eine flat rate für Bier, so viel haben wir uns allerdings nicht
vorgenommen, da das schöne Buffet in unserem Hotel auf uns wartet. Dort
gibt es heute sogar Black Forrest Cake - Schwarzwälder Kirschtorte...